Polizei klagt gegen Hilfspolizei

■ Gewerkschaft der Polizei ruft Bundesverfassungsgericht an / Ziel ist Klärung der Befugnisse der privaten Wachdienste / GdP-Chef von Walsleben: Immer mehr hoheitliche Aufgaben gehen an private Unternehmen

In dieser Woche nehmen private Wachschützer ihren Patrouillendienst am Kurfürstendamm auf. In S- und U-Bahn sind sie bereits seit längerem im Einsatz. Objektschutzaufgaben werden schon seit Jahren von Mitgliedern der Freiwilligen Polizeireserve (FPR) wahrgenommen.

Gegen diese Privatisierung von polizeilichen Aufgaben ziehen nun Berliner Polizisten vor das Bundesverfassungsgericht. Dort wird sie der SPD-Bundestagsabgeordneten Otto Schily vertreten. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Burkhard von Walsleben, dessen Organisation die Klage für seine Mitglieder einlegt, äußert sich gegenüber der taz zu den Aussichten dieses Verfahrens.

taz: Herr von Walsleben, worin sehen Sie die verfassungswidrigen Qualitäten der FPR?

von Walsleben: Wir klagen nicht gegen die FPR als Institution, sondern gegen das neue Gesetz über die FPR, das im Juni 1992 verkündet wurde. Darin wurden die Befugnisse der FPR erheblich erweitert.

Zudem ist in der letzten Zeit die Tendenz erkennbar, daß die privaten Sicherheitsdienste sich immer mehr an die hoheitlichen Aufgaben der Polizei heranarbeiten. Das betrifft die Einsätze in U- und S-Bahn genauso wie die Patrouillen auf öffentlichem Straßenland wie am Kurfürstendamm. Wir sehen bundesweit eine Tendenz, daß private Sicherheitsdienste in die hoheitlichen Befugnisse der Polizei hineingreifen. Wir wollen eine höchstrichterliche Klarstellung, was da erlaubt ist und was nicht.

Sie wollen also am Beispiel FPR eine grundsätzliche Klärung auch über den Einsatz der privaten Wachdienste erreichen?

Indirekt ja. Sollte die Verfassungsbeschwerde angenommen werden muß sich das Gericht zwangsläufig erneut mit der bedeutsamen Frage beschäftigen, wer und in welchem Umfang in der Bundesrepublik Deutschland hoheitliche Rechte wahrnehmen darf.

Nun besagt der Artikel 33 des Grundgesetzes, auf den Sie sich berufen, daß hoheitliche Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen sind. Warum sollte die FPR nicht die Ausnahme von dieser Regel sein?

Weil die Regel, nach unserer Auffassung, einen Einsatz der FPR nur in Ausnahmefällen zuläßt. Tatsächlich ist die FPR jedoch eine Dauereinrichtung, was eigentlich nicht sein kann, weil die FPR kein Bestandteil der Berliner Polizei ist. Durch das FPR-Gesetz ist dieser dauerhafte Zustand zemetiert. Wir wollen da eine Rechtsklärung haben. Uns geht es darum festzustellen, was Aufgabe der Polizei ist, und daß uns nicht auf kaltem Wege das Gewaltmonopol von Politikern aus der Hand genommen wird.

Haben Sie auch Zweifel an der Verfassungtreue der FPR-Mitglieder?

Es hat in letzter Zeit erhebliche Zweifel bei einigen gegeben, deshalb wird sich auch ein Untersuchungsausschuß des Abgeordnetenhauses damit befassen. Die Einstellungsvoraussetzungen des FPR-Gesetzes halte ich, gemessen an den bedeutsamem Eingriffsrechten dieser Hilfspolizisten, für ungenügend.

Wann rechnen Sie mit dem Spruch des Verfassungsgerichts?

Wir erwarten erstmal den Bescheid, daß die Klage zugelassen wird. Dann wird es wahrscheinlich zwei Jahre dauern...

... Bis dahin hat sich vielleicht die SPD mit ihrem Votum, die FPR abzuschaffen, in der Koalition durchgesetzt...

Eine politische Lösung wäre mir auf jeden Fall lieber, aber die ist im Augenblick nicht erkennbar. Interview: Dieter Rulff