Neue Blauhelme für Bosnien-Herzegowina

■ Staaten der islamischen Konferenz wollen mehr als 7.600 Soldaten entsenden

Islamabad/Genf(dpa/taz) – Mit einem Aufruf zum sofortigen Waffenstillstand in Bosnien hat am Montag eine zweitägige Sitzung der Islamischen Konferenzorganisation (OIC) in Islamabad begonnen. Der Generalsekretär der 1969 gegründeten und mittlerweile 50 Mitglieder umfassenden Organisation, Hamid el Ghabid, appellierte an den Weltsicherheitsrat und die europäischen Staaten, rasch zu handeln. Der moslemischen Bevölkerung in Bosnien drohe sonst die Ausrottung durch die Serben.

Der bosnische Außenminister Haris Silajdzić forderte die islamischen Staaten auf, „schnellstens so viele Truppen wie möglich“ nach Bosnien zu entsenden. Vor der Presse sagte er, mindestens 30.000 Mann würden benötigt.

Dieser Bitte kamen die Delegierten auf ihrer Sondersitzung schon am Montag mit der Entscheidung entgegen, Friedenstruppen zu entsenden. Mehrere Teilnehmerländer hatten bereits zuvor die Bereitstellung von Truppen zugesagt. Wahrscheinlich könnten nun sogar mehr als die 7.600 von der UNO angeforderten Soldaten entsandt werden.

Der Druck auf die Regierungen in vielen islamischen Ländern, sich für die Rettung der Muslime in Bosnien massiver einzusetzen, ist mittlerweile enorm. Es waren vor allem die islamistischen Organisationen in den arabischen Staaten, die bisher praktische Hilfe für die Muslime in Bosnien organisiert haben. Damit setzten sie viele arabische Regierungen so unter Druck, daß diese nun im Rahmen der OIC endlich selbst die Initiative ergreifen mußten.

Pakistan und Bangladesch hatten der UNO bereits vor vier Wochen Soldaten zur Verstärkung der UNPROFOR angeboten. Doch aus politischen Gründen wurde dieses Angebot im New Yorker UNO-Hauptquartier bis heute nicht aufgegriffen. Dort wird befürchtet, Soldaten aus muslimischen Staaten würden sich – etwa bei der Durchsetzung von Hilfstransporten – stärker als die bisherigen UNPROFOR-Einheiten für das Überleben der bosnischen Muslime einsetzen und dabei in Konfrontation mit serbischen Truppen geraten. Dann könnte der Krieg in Bosnien zu einem Stellvertreterkrieg der „islamischen“ gegen die „christliche Welt“ eskalieren. Das Übergehen des Angebots aus Pakistan und Bangladesch hat – zusammen mit der bisherigen Weigerung nichtislamischer Staaten, die zusätzlich benötigten 7.500 Soldaten zu stellen – erheblich zu der dramatischen Zuspitzung der humanitären Lage vor allem in den von Muslimen bewohnten Städten und Regionen Bosniens beigetragen, damit auch zum Druck auf das bosnische Präsidium unter Präsident Izetbegović, die serbisch-kroatischen Dreiteilungspläne doch zu akzeptieren.

Die Feststellung der beiden Vermittler Vance und Stoltenberg, die UNO könne sich bei einer weiteren Verschärfung der Lage zum völligen Rückzug aus Bosnien gezwungen sehen, wirkt sich ebenfalls als Druck auf Izetbegović aus. Der Sprecher der beiden Vermittler, John Mills, wies am Montag zwar den Verdacht zurück, die bosnische Führung solle auf diese Weise erpreßt werden, die Dreiteilungspläne zu akzeptieren. De facto dürfte das Verhalten der internationalen Staatengemeinschaft jedoch möglicherweise bereits kommende Woche zu genau diesem Ergebnis führen. kim/azu