Frieden schaffen mit mehr Waffen

■ SPD erwacht / Bundesregierung will humanitärem Somalia-Kontingent bessere Panzer mitgeben

Bonn (taz) – Nach dem Tod von vier Journalisten in Mogadischu hat die SPD ihre Forderung nach einem Abzug der Bundeswehr aus Somalia erneuert. Die UNO-Operation in Somalia sei offensichtlich „gescheitert“, sagte der designierte SPD-Bundesgeschäftsführer, Günter Verheugen, in einem Gespräch mit der taz. Setze die UNO ihre jetzige Interventionsstrategie fort, „führt das zu einem langanhaltenden blutigen Krieg“, meinte Verheugen.

Die Voraussetzungen, unter denen Deutschland seine Teilnahme zugesagt habe, hätten sich „vollkommen verändert“. Die Bundesregierung müsse deshalb „dringend“ die Konsequenzen ziehen und die deutschen Soldaten aus Somalia abziehen sowie keine weiteren Truppen entsenden. Wenn Außenminister Klaus Kinkel immer noch glaube, es handele sich in Somalia um einen humanitären Einsatz, müsse man fragen: „In welcher Welt lebt Herr Kinkel?“

In der somalischen Hauptstadt sind zur Zeit knapp 20 deutsche Soldaten im Einsatz, darunter neun Offiziere im Unosom- Hauptquartier und drei Verbindungsoffiziere. Auch auf dem Flughafen von Mogadischu sind einige Soldaten der Bundeswehr stationiert. Hier sollen in der nächsten Woche 200 bis 300 Soldaten des Hauptkontingents der Bundeswehr landen. Im Hafen der somalischen Hauptstadt wird gleichzeitig das erste Transportschiff mit dem Material für den deutschen Verband erwartet. Es soll auf dem Landweg zum Einsatzgebiet im zentralsomalischen Belet Huen transportiert werden.

Die Bundesregierung hält trotz der Eskalation in Mogadischu an der Einschätzung fest, die Bundeswehr agiere in Somalia ausschließlich in befriedeten Gebieten. Im Verteidigungsministerium hieß es gleichzeitig, man prüfe, ob der Bundeswehrverband in Somalia mit zusätzlichen Panzern der Typen „Fuchs“ und „Wiesel“ ausgerüstet werden könne.

Im Außenministerium hieß es, die UNO habe dieser Tage bestätigt, daß auch das UNO-Hauptquartier in Mogadischu sicher sei. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums beteuerte, daß die Lage in Belet Huen nach wie vor ruhig sei. Beim Transport von Mogadischu nach Belet Huen werde die Bundeswehr „besonders vorsichtig sein“.

Im Verteidigungsministerium verbreitete man gestern ebenfalls Zuversicht, daß der Transport der Soldaten und ihres Materials nach Belet Huen gelingen werde. Mörserangriffe der Miliz von General Aidid auf den Hafen seien zwar nicht auszuschließen. Aber, so ein Sprecher, „dieses Risiko ist zu tragen.“

In Mogadischu herrschte gestern noch Unklarheit, wieviel Menschen der Angriff der UN-Truppen auf das Hauptquartier General Aidids das Leben gekostet hat. Während ein UN-Sprecher behauptete, es habe 13 bis 15 Tote gegeben, sprach das Internationale Komitee des Roten Kreuzes von 54 Toten und 174 Verletzten. Die Somalische Nationale Allianz Aidids reklamierte 73 Todesopfer. hmt

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