Wo das Erdgas sich entspannt

■ Stadtwerke nutzen Gasdruck zur umweltfreundlichen Stromerzeugung

Nicht nur der „Grüne Punkt“ macht mit Abfall Geld — auch die Stadtwerke Bremen haben einen Weg gefunden, überschüssige Energie in Strom umzwandeln. Seit Jahresbeginn steht auf dem Gelände des alten Gaswerks in Woltmershausen ein Kleinkraftwerk, das die Energie bei der Druckreduzierung in Gasleitungen in Strom umsetzt. Der „Gasentspannungsmotor mit nachgeschaltetem Generator“ ist ein infernalisch lautes Monstrum von Maschine und arbeitet wie eine umgekehrter Kompressor — ein Gasentspanner eben.

Erdgas kommt mit solchem Druck aus der Erde und aus den großen Pipelines, daß bei seinem ungeregeltem Verbrauch den KonsumentInnen die Küche um die Ohren fliegen würde. Deshalb wird der Druck der jährlich 640 Millionen Kubikmeter Erdgas, die aus Oldenburg, Westfalen und Holland nach Bremen kommen, von 55 bar auf 6 bis 13 bar runtergefahren. Die freiwerdende Energie wurde bisher verpulvert. Nun treibt sie Kolben in einem Generator und erzeugt 9 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr. Der Bremer Jahresverbrauch liegt bei 3.700 Millionen Kilowattstunden.

Für Jürgen Beck, Leiter der Abteilung Gasbeschaffung bei den Stadtwerken, hat die neue Technik nur Vorteile: „Die Installationskosten sind mit 1500 Mark pro Kilowattstunde wesentlich geringer als zum Beispiel beim Weserkraftwerk mit 5000 Mark.“ Zehn bis zwanzig Prozent billiger sei die Kilowattstunde mit diesem Verfahren — aber der Strompreis sinkt deshalb noch lange nicht. Diese Art der Energieerzeugung erspart die Verbrennung von 5.500 Tonnen Kohle in einem konventionellen Kraftwerk und den entsprechenden CO2-Ausstoß. „Bei 8000 Betriebsstunden im Jahr wird sich die Anlage in fünf Jahren amortisiert haben. Und sie soll 35 Jahre halten.“

Die Technik der Maschine, so Beck, sei nicht schwierig. Umfangreich sind aber die Sicherheitsvorkehrungen, die verhindern sollen, daß „der Riesendruck auf der einen Seite auf die andere Seite wandert“.

Die Anlage, die zuerst in Lübeck erprobt wurde und inzwischen auch in anderen deutschen Städten betrieben wird, soll in Bremen nur zentral im Gaswerk laufen. Denn nur dort ist ein Ganzjahresbetrieb möglich. An den anderen Gasabnahmestellen herrscht im Sommer Flaute, weil dann in Bremen nur 800.000 Kubikmeter Gas benötigt werden, und nicht wie im Winter 5 Millionen Kubikmeter.

Bernhard Pötter