■ Italien will aus dem Somalia-Kommando aussteigen
: Signal zum Bruch eines Tabus

Natürlich sind es vor allem die drei Toten Italiens

in Somalia, die den Meinungswandel im Lande so schnell und so massiv herbeigeführt haben; in

geringerem Maße auch die Verdächtigungen gegen die eigenen Soldaten, denen eine Reihe von Über-

griffen bis hin zur Folter angelastet wurde (mögli-

cherweise zu Unrecht; der Makel bleibt gleichwohl haften). Doch es ist schon etwas anderes, wenn

sich nun plötzlich eine amtierende Regierung – und

nicht nur Presse und öffentliche Meinung – gegen

außenpolitische Vorgänge von solcher Bedeu-

tung wendet. Die Öffentlichkeit war seinerzeit auch gegen den Irak-Krieg, doch die Regierung, hin-

und herlavierend, ließ sich am Ende in ihn einbin-

den.

Diesmal aber reden die Politiker Klartext: In dieser Form werde man den UNO-Einsatz nicht weiter mitmachen. Natürlich wissen alle, daß sich dahinter auch ein taktisches Rückzugsmanöver aus dem nun als verfehlt erachteten militärischen Engagement verbirgt. Doch man sollte nicht vergessen, daß es sich hier um den ersten, den allerersten offenen Ausstieg eines UNO-Mitgliedes aus einer zuvor mit seiner Stimme gutgeheißenen Aktion handelt, seit die Vereinten Nationen Ende der 80er Jahre zum erstenmal in ihrer Geschichte die allseits anerkannte Rolle einer Weltpolizei übernahm.

UNO-Generalsekretär Butros Ghali ist daher auch zu recht höchst alarmiert. Nicht, daß ihm die italienischen Soldaten und humanitären Helfer fehlen würden. Doch das Tabu jedenfalls ist gebrochen. Entweder erhalten die Italiener volle militärische Mitsprache, dann wird das künftig jeder beteiligte Staat im selben Maße fordern. Oder die Italiener steigen aus – und dokumentieren damit als erster Staat des Westens, daß ihm die Beschlüsse aus dem Glaspalast von New York nicht mehr wie vom Himmel gesandte Sprüche erscheinen, sondern als Entscheidungen, denen man sich jederzeit wieder entziehen kann.

Die Diskussion könnte, sollte Folgen haben. Allzu unbekümmert nämlich wird allenthalben – auch in Deutschland – das Wort „Blauhelmeinsatz“ als völlig unhinterfragter Begriff verwendet und für gut und vernünftig erachtet, nur weil solche Aktionen in den UNO-Gremien gebilligt wurden. Man mag zur italienischen Forderung stehen wie man will: daß der Unfehlbarkeitsanspruch der UNO einen Knacks bekommen hat, ist allemal gut. Es könnte uns alle davon überzeugen, daß es kein kritik- und einflußloses Überstellen nationaler Truppenkontingente, wo und zu welchem Zweck auch immer, an Befehlshaber geben darf, deren Weisheit lediglich durch den darübergestülpten blauen (oder sonstwie farbigen) Helm bewiesen werden soll. Werner Raith, Rom