Ein Tiger aus Papier

■ Geldeintreiben: HSV fühlt sich vom DFB verschaukelt

Ein deutliches Wutschnauben ist derzeit aus den Räumen der HSV-Geschäftsstelle an der Rothenbaumchaussee zu vernehmen. Zwischen dem Hamburger SV und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) droht ein offener Konflikt. Dem Bundesligisten stehen von Bröndby Kopenhagen und Internacional Porto Alegre noch knapp 900 000 Mark aus den Transfers der früheren HSV-Profis John Jensen und Nando zu. Die von der UEFA festgesetzte Zahlungsfrist im Fall Jensen lief am gestern ab, bei dem Brasilianer warten die Hamburger seit drei Monaten auf die von der FIFA bestätigte Überweisung. Der DFB als Interessenvertreter der deutschen Vereine müßte aktiv werden und Druck auf die internationalen Dachverbände ausüben – doch er blieb bis jetzt tatenlos. „Ich bin maßlos enttäuscht. In vielen Dingen ist der DFB ein Papiertiger“, schimpft HSV-Manager Heribert Bruchhagen.

Daß die Hamburger sauer sind, ist völlig verständlich“, lenkte DFB-Ligasekretär Wolfgang Holzhäuser zunächst ein. Doch seinen Verband nahm er in Schutz: „Wir sind auch etwas verstimmt über das langsame Vorgehen der internationalen Verbände, schließlich sind die Summen von ihnen festgelegt. Jetzt müssen Sanktionen für die Vereine verhängt werden.“ Geplant ist eine Sperre der Spieler für den weiteren Spielverkehr. „Wir gehen davon aus, daß der Druck ausreicht, die Vereine zum Zahlen zu bringen“, so Holzhäuser.

Der HSV fühlt sich vom DFB jedoch alleingelassen. „Das ist der größte Fußball-Verband der Welt und sollte Macht besitzen. Der DFB muß die FIFA auffordern, Gelder für den brasilianischen Verband zu sperren und an uns weiterzuleiten. Ich sehe keine andere Handhabe“, erklärte Bruchhagen. In Zukunft will der Manager nun auch andere Konsequenzen nicht mehr ausschließen: „Wir haben uns zwar der Schiedsgerichtbarkeit des DFB unterworfen. Jetzt überlegen wir dennoch, ein ordentliches Gericht einzuschalten.“

Im Falle des 26jährigen Nando hatte das Exekutivkomitee der FIFA bereits am 4. Dezember 1992 eine Ablösesumme von 480 000 Mark für den Wechsel des Stürmers nach Brasilien festgesetzt. Die Südamerikaner wollen jedoch nur 240 000 Mark bezahlen. Jensen war Anfang 1990 vom HSV nach Kopenhagen zurückgekehrt und nach der EM 1992 für 3,6 Millionen Mark an Arsenal London weiterverkauft worden. Dem HSV steht ein 25prozentiger Anteil – also rund 900 000 Mark – aus dem Weiterverkauf zu. Bis jetzt kamen von den Dänen nur 490 000 Mark. Das direkte Verhandeln mit den Vereinen ist für den HSV nicht möglich, der DFB ist als Mittler zwischengeschaltet.

kader