Inquisition und Gestapo

■ Fußball-Skandal: Bernard Tapie verliert die Kontrolle

Berlin (taz/dpa) – Immer tiefer in den Schlamassel gerät Bernard Tapie, Präsident von Olympique Marseille, durch seine Angewohnheit, erst zu reden, und zwar eine ganze Menge, und dann zu denken. Gerade hatte er in diesen schweren Zeiten, da der Korruptionsvorwurf nach dem Geständnis des Olympique-Spielers und Geldboten Jean-Jacques Eydelie immer schwerer auf seinem Klub lastet, Unterstützung von höchster Stelle bekommen, da trat er schon wieder voll in den Fettnapf. Während sich Sozialistenchef Michel Rocard letzte Woche geweigert hatte, Tapie zu empfangen, brach Präsident François Mitterrand persönlich eine Lanze für den OM-Boß. „Er ist intelligent und energisch“, sagte Mitterrand in seiner Pressekonferenz zum Nationalfeiertag, „ich weiß nicht, warum er im Zusammenhang mit dieser Affäre erwähnt werden sollte, bevor, wenn dies überhaupt der Fall sein wird, der Name Bernard Tapie bei den Ermittlungen fällt.“ Wenig Intelligenz versprühte Tapie, mit den Nerven offensichtlich am Ende, derweil bei seinen Äußerungen zum Skandal. Die Festnahme seiner Sekretärin sei, so meinte er, „der Inquisition, der Gestapo würdig“. Gegen Eydelie sei man „wie im Krieg bei den Judenrazzien“ vorgegangen. Seinen Fall verglich er mit dem Schicksal von Ex-Premierminister Pierre Bérégovoy, der Selbstmord beging, nachdem sein Name im Zusammenhang mit einer Bestechungsaffäre aufgetaucht war.

Der Vergleich mit den Judenverfolgungen sei „infamer als vieles, für das Jean-Marie Le Pen verurteilt wurde“, meinte aufgebracht Serge Klarsfeld, Präsident der französischen Vereinigung deportierter Juden, und drohte mit einer Klage gegen Tapie: „Die Familien der Deportierten fordern öffentliche Entschuldigungen, andernfalls werden sie sich an die Justiz wenden, um Genugtuung zu erhalten.“

Noäl Le Graet, Präsident des französischen Fußballverbandes, forderte nach dem Geständnis von Eydelie, der den französischen Fußball allgemein als korrupt bezeichnete, die Olympique-Offiziellen auf, endlich auszupacken.