: „Hier greifen die Gesetze des Marktes“
■ Der Vorstandschef der IG Bergbau und Energie zum Kaliwerk in Bischofferode
taz: Die Kumpel in Bischofferode fühlen sich von der IG Bergbau verraten und an die westdeutsche Kali-Industrie verkauft. Sind dem Vorstand der IG Bergbau und Energie die ostdeutschen ArbeitnehmerInnen der Branche gleichgültig?
Hans Berger: Natürlich nicht. Aber mit dem von der IGBE initiierten Fusionskonzept wird der gesamtdeutsche Kalibergbau lebens- und leistungsfähig bleiben. Durch die Fusion zwischen der Mitteldeutschen Kali AG und der Kali und Salz AG wird es möglich, die verbleibenden Produktionsstätten in Mitteldeutschland zu sanieren und zu modernisieren. Insgesamt werden 7.500 Arbeitsplätze in dem neuen Unternehmen gesichert.
Warum übernimmt die IGBE die Position der BASF-Tochter Kali und Salz AG, wonach das Kaliwerk in Bischofferode nicht überlebensfähig sei? Nach Angaben der Betriebsräte dort sind die Auftragsbücher voll – und es konnten fast alle Kunden aus der Vorwendezeit gehalten werden.
Da muß ich klarstellen: die Kali und Salz hat den von uns entwickelten Fusionsgedanken aufgenommen – nicht umgekehrt. Die Tatsache, daß Bischofferode nicht überlebensfähig ist, stützt sich auf unabhängige Gutachten. Und am Weltkalimarkt sieht es schlecht aus. Nur zwei Drittel der weltweiten Förderkapazitäten können abgesetzt werden. Daraus müssen die Konsequenzen gezogen werden.
Die Streikenden in Bischofferode glauben an ein Komplott. Warum sind bislang einzig die Kali-Kunden in Westdeutschland zu Bischofferode auf Distanz gegangen? Warum ignorieren die Kali und Salz AG in Kassel, die Treuhand und auch die IGBE hartnäkkig die Tatsache, daß sich für Bischofferode ein monetär potenter Investor vorgestellt hat, der das Werk in vollem Umfang weiterbetreiben will? Geht es letztendlich nicht doch um die Ausschaltung eines Konkurrenzbetriebes auf dem Weltmarkt?
Sicher ist, daß es sich bei dem Fusionskonzept um kein Komplott handelt. Hier greifen einmal mehr die Gesetze des Marktes. Die Unternehmen haben sich – wer will es ihnen verwehren – für die rentableren Gruben entschieden. Ohne das Fusionskonzept wäre der Kalibergbau insgesamt vor die Wand gefahren. Jetzt sichern wir 7.500 Arbeitsplätze. Und ich sage noch einmal deutlich: Es widerspricht der Grundhaltung der IGBE, Einzellösungen zu Lasten von Gesamtlösungen zuzulassen. Der angeblich monetär potente Investor, Herr Peine, hat nach Gutachteraussagen kein seriöses Angebot gemacht. Mir drängt sich der Verdacht auf, daß Herr Peine auf öffentliche Fördermittel spekuliert. Von Investitionen kann wohl weniger die Rede sein.
Hat die IGBE den Bemühungen des DGB und seiner Einzelgewerkschaften um die Erhöhung des Organisationsgrades im Osten mit ihrer demonstrativen Ignoranz in Sachen Bischofferode nicht einen Bärendienst erwiesen?
Von Ignoranz kann überhaupt keine Rede sein. Die IGBE setzt nicht auf kurzfristige Versprechungen, die sowieso nicht einzuhalten sind, sondern auf eine langfristig geplante Strukturpolitik. Im Gegensatz zur thüringischen Landesregierung wollen und werden wir bei den Menschen in der Region nicht Illusionen wecken und Versprechungen machen, die morgen wieder zurückgenommen werden müssen. An einer solchen Augenwischerei beteiligen wir uns nicht. Langfristig gesehen werden wir mit unserer Politik nicht nur einen Mitgliederzuwachs erreichen, sondern auch unsere Glaubwürdigkeit erhalten.
Interview: K.-P. Klingelschmitt
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