Rechte beharren auf Räumen im Reichstag

■ Brief der „Technischen Fraktion der Europäischen Rechten“ an Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU)

Ungeachtet der öffentlichen Proteste hält die „Technische Fraktion der Europäischen Rechten“ daran fest, vom 8. bis 12. November eine Sitzung in Berlin abzuhalten. Der Vorsitzende der Fraktion im Europaparlament in Straßburg und Chef der französichen Front National, Jean-Marie Le Pen, hat mittlerweile schriftlich Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) gebeten, den Parlamentariern Räumlichkeiten im Reichstag zur Verfügung zu stellen. Dies bestätigte jetzt gegenüber der taz Harald Neubauer, einer der 14 Mitglieder der Rechten-Fraktion und Bundesvorsitzender der rechtsextremistischen „Deutschen Liga für Volk und Heimat“.

Der Brief, so Neubauer, sei am Donnerstag letzter Woche von Straßburg aus nach Bonn geschickt worden. Süssmuth ist als Präsidentin des Bonner Parlaments auch für die Bundestagsräume im Reichstag zuständig. Sollte für die geplante Fraktionssitzung, die in die Zeit des 55. Jahrestages der Reichspogromnacht fällt, das Gebäude schon ausgebucht sein, wollen die rechten Parlamentarier das Treffen später nachholen, bekräftigte Neubauer gegenüber der taz: „Im Falle einer Absage werden wir die Bundestagspräsidentin bitten, uns mitzuteilen, wann im nächsten halben Jahr im Reichstag Räume frei werden.“

Gegen den Besuch der 14köpfigen Delegation hatte sich in den letzten Wochen aus unterschiedlichen Lagern Widerstand formiert. Sowohl der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt, das Bündnis 90/Grüne, die Türkische Gemeinde zu Berlin, die jüdische Synagogengemeinde Adass Jisroel und der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, riefen dazu auf, schon im Vorfeld alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Zusammenkunft zu verhindern. Das Bündnis 90/ Grüne hatte darüber hinaus für den Fall, daß die rechten Parlamentarier tatsächlich in der Stadt tagen sollten, eine „breit getragene Demonstration“ angeregt.

Staffelts Appell, den Rechten keine Übernachtungsmöglichkeiten zu bieten, stieß beim Geschäftsführer der Hotel- und Gaststätten-Innung, Peter Breithoff auf Zustimmung. Kurz nach Bekanntwerden der Stippvisite wandte er sich „entschieden gegen eine Tagung rechtsorientierter und faschistischer Gruppierungen“ in Berlin. Das von der rechtsextremen NPD unterbreitete Angebot, im Falle eines Boykotts durch die Berliner Hotels für die private Unterbringung zu sorgen, wies Neubauer zurück. Es sei eine „Frage des Status“, ob man dem öffentlichen Druck nachgebe. Als gewählte Europaabgeordnete wolle man sich nicht wie „Verfemte bei Nacht und Nebel in Berlin verstecken lassen“.

Erst Anfang Juli mußte die rechte Euro-Fraktion eine geplante Reise nach Edinburgh und Dublin absagen, nachdem einheimische Hotels aus Angst vor Demonstrationen ihre Buchungen wieder zurückgezogen hatten und auch von der Stadtverwaltung von Edinburgh Le Pens Visite als „Affront gegen die Bürger“ bezeichnet worden war. Daraufhin wich die Delegation kurzerhand nach Rom aus, wo sie in den Räumen der Europäischen Kommission ihre Fraktionssitzung durchführte. Severin Weiland