Armer Quotenkiller

■ Detektiv mit Blues: RTL 2 zeigt 25 Folgen der 68er-Krimiserie "Der Außenseiter"

Der schmuddelige Privatdetektiv, der in der Literatur von Hammett, Chandler & Co soviel Erfolg hatte, war im US-Fernsehen der fünfziger und sechziger Jahre nicht gefragt. Statt dessen heroisierte man in den Krimiserien lieber saubere Glamourtypen, für die Geld keine Rolle spielte. Die heruntergekommenen Kleinstunternehmer, die für ein paar Dollar am Tag durch schmutzige Gassen schnüffeln und immer einen Drink in Reichweite haben, waren nicht opportun für die verkrampft-optimistische Stimmung, die das Fernsehen verbreiten wollte.

Nach der Ermordung Kennedys, der beginnenden Jugendrevolte und der Bürgerrechtsbewegung änderte sich das ein wenig: die cleanen Nice Guys erschienen einem Teil des Publikums unrealistisch angesichts der bedrohlichen gesellschaftspolitischen Entwicklungen. In diesem Klima wurde der Verlierer Richard Kimble in der Serie „Auf der Flucht“ zum Hit. Produzent Roy Huggins, der auch für die erfolgreichste Glamour- Krimiserie, „77 Sunset Strip“, verantwortlich war, glaubte zu erkennen, daß die Zeit der Strahlemänner vorbei war. 1966 war die Ross- Macdonald-Verfilmung „Harper“ mit Paul Newman als glücklosem Privatdetektiv ein Überraschungserfolg gewesen und läutete die Renaissance des Genres ein. Huggins setzte sich hin und modelte seinen 1946 erschienenen Roman „The Double Take“, der bereits Grundlage für „77 Sunset Strip“ gewesen war, so lange um, bis er den Pilotfilm für eine neue Serie zusammengeschustert hatte.

NBC kaufte den Piloten, den Michael Ritchie 1967 unter dem Titel „The Lonely Profession“ eindrucksvoll verfilmte. Huggins zog alle Register, um aus seinem Privatdetektiv David Ross, gespielt von Serienveteran Darren McGavin, den ultimativen „Außenseiter“ und das ärmste Schwein der Branche zu machen. Ross war ein Waisenknabe, der unschuldig im Knast gesessen hatte (ein Motiv, das Huggins später für seine beste Privatdetektivserie, „Detektiv Rockford“, nochmals verwendete) und in dem heruntergekommensten Wohnbüro der Seriengeschichte hauste. Kein Serienheld sollte in 26 Folgen mehr Prügel beziehen als David Ross in der Laufzeit von 1968 bis 69. Wenn er in seinem Wrack von Auto seine Klienten abklapperte, gab auch die gekonnt bluesige Musik von Pete Rugolo keinen Trost.

Produzent Huggins, ein ehemaliger freundlicher Zeuge des McCarthy-Ausschusses, ließ David Ross den kalifornischen Sumpf der Endsechziger durchwaten und konfrontierte ihn gerne mit der jungen Aussteigergeneration, die offensichtlich halluzinogene Drogen wie Cornflakes fraß und bei wilder Dschungelmusik auf die unangenehmsten Sachen verfiel. Die manchmal unfreiwillig komische Zeichnung der damaligen Jugendszene macht einen erheblichen Reiz der Serie aus.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Serien dieser Zeit war der „Outsider“ ein Produkt der liberalen Tradition des Privatdetektivgenres und hütete sich sich vor zu dumpfen Urteilen über Nonkonformisten. Aber die Erfolglosigkeit blieb David Ross treu: nachdem er sich ein Jahr lang am Ende der Einschaltquoten rumgeprügelt hatte, kam das Aus für die Serie. Sie war zu früh gekommen: Erst in den siebziger Jahren akzeptierte das Publikum glücklose Figuren wie „Rockford“ oder Antihelden wie „Columbo“, „Cannon“ oder „Kojak“. Martin Compart

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