Japans Regierungspartei verliert die absolute Mehrheit

■ Große Gewinner: die Konservativen

Tokio (taz) – Die japanischen Parlamentswahlen haben am Sonntag keinen deutlichen Sieger hervorgebracht. Da die Liberaldemokratische Partei (LDP) gestern ihre bisherige absolute Mehrheit verlor, könnte sie in Zukunft nur in einer Koalition oder mit einem Minderheitskabinett fortregieren. Gleichzeitig gewannen die Oppositionsparteien erstmals in der japanischen Geschichte genug Sitze, um einen Regierungswechsel zumindest theoretisch herbeiführen zu können. Viele Beobachter zweifelten jedoch nach den großen Wahlverlusten der Sozialdemokraten, Japans größter Oppositionspartei, an der nötigen Kompromißbereitschaft innerhalb der Oppositionsparteien zur Bildung einer neuen Regierung.

Großer Gewinner der Wahl waren die neuen konservativen Parteien, die sich nach der Abspaltung von der LDP erstmals bei einer Parlamentswahl zum entscheidenden Unterhaus dem Wähler stellten. Unter ihnen ging die „Erneuerungspartei“ (JRP) vom ehemaligen Finanzminister Tsutomu Hata mit dem höchsten Sitzanteil durchs Ziel. Hata, gleichzeitig Spitzenkandidat einer möglichen Oppositionsregierung, ließ sich seine Ambitionen auf das Amt des Premierministers gestern nicht ausreden: „Wir haben eine historische Chance. Deswegen ist es in jedem Fall wichtig, daß wir die LDP jetzt ablösen.“

LDP-Generalsekretär Seiroku Kajiyama konterte mit dem Verweis auf die Rolle der Liberaldemokraten als stärkste Partei: „Das Ergebnis verheißt, daß die Wähler die zentrale Funktion der LDP bewahren wollen. Die LDP hat deshalb nicht vor, die Regierung zu verlassen“, sagte Kajiyama. Als Zünglein an der Waage für die Bildung einer neuen Regierung stellte sich gestern die zweite neue Partei, die „Neue Partei Japans“ (JNP), unter Führung des aristokratischen Ex-Gouverneurs Morihiro Hosokawa dar. Noch gestern abend verweigerte Hosokawa, dessen Partei im neuen Parlament über 48 Sitze verfügt, jede Koalitionsaussage. Georg Blume

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