Somalia macht langsam, aber sicher kalte Füße

■ Abgeordnete melden sich als Drückeberger Butros Ghali fordert „Gewalt für den Frieden“

Berlin (taz/AFP) – Von Bonn lernen heißt Eierlaufen lernen: Sogar in der Regierungskoalition werden kritische Stimmen zum Somalia-Einsatz der Bundeswehr jetzt immer lauter. Der außenpolitische Sprecher der CDU/ CSU-Fraktion, Karl Lamers, sagte: „Wenn nicht in Kürze notwendige Klarheit über das UN-Mandat geschaffen wird, sehe ich eine neue Lage gegeben, die den Abzug der deutschen Soldaten erforderlich machen könnte.“

Doch: Klarheit schaffen ohne Waffen – ob unser Außenminister dazu in der Lage ist? Klaus Kinkel äußert sich heute in der immertreuen Welt in gewohnt bürgerlicher Dialektik: „Wir müssen die Situation dauernd beobachten und natürlich neu nachdenken und entscheiden, wenn sich herausstellen sollte, daß die Voraussetzungen des Einsatzes ... sich verändern sollten“, sagte er. Der Außenminister betonte die „hohe Fürsorgepflicht unseren Soldaten gegenüber“, ließ aber auch den kameradschaftlichen Aspekt nicht unbeachtet: „Wir ... können uns aber nicht bei den ersten Schwierigkeiten zurückziehen. Die dreißig anderen Länder tun das bisher ja auch nicht.“

Einerseits, andererseits: Ob es Herrn Kinkel beim dauernd beobachten, beim neu nachdenken und entscheiden helfen könnte zu erfahren, daß laut einer Forsa-Umfrage „fast zwei Drittel der Deutschen“ gegen die deutsche Beteiligung an der Ostafrika-Befriedung sind – auch wenn er weiß, daß „vor allem die Frauen, die Bürger in den neuen Ländern sowie die Anhänger von FDP und SPD dagegen sind“? Oder ob ihn die Stellungnahmen seiner männlichen Politikerkollegen in diversen Presseerzeugnissen vom Wochenende ins Friedensrudel trudeln lassen? Sein Parteigenosse Olaf Feldmann forderte in BamS beispielsweise einen „Stationierungsstopp“. Der Verfassungsrechtler und Ex-Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) sagte BamS, Bonn habe sich mit seiner Beteiligung an „rein humanitären“ Aufgaben in eine Sackgasse manövriert. Bandenunterhäuptling Volker Rühe hingegen forderte in der Welt am Sonntag dazu auf, den somalischen Milizenchef Aidid „entschieden zu bekämpfen“. UN-Generalsekretär Butros Ghali stellt sich im Spiegel ganz hinter Volker: „Wir müssen in der Lage sein, militärische Gewalt anzuwenden. Gewalt für den Frieden.“

Die deutschen Blauhelme sollen von Mitte dieser Woche an nach Somalia verlegt werden. Nach einer Razzia der UN am Samstag wurden italienische UN-Soldaten erneut in Mogadischu beschossen. ES