EG weiter uneins über Sanktionen gegen Kroatien

■ Lord Owen will „ethnische Säuberungen“ der Kroaten in Bosnien nicht akzeptieren / HVO und bosnische Armee setzen Kämpfe in Zentralbosnien fort

Brüssel/Berlin (dpa/AFP/taz) – Laut dem EG-Vermittler für das ehemalige Jugoslawien, Lord David Owen, wird die Europäische Gemeinschaft kroatische „ethnische Säuberungen“ in Bosnien- Herzegowina genausowenig akzeptieren wie serbische. Auf dem routinemäßigen Treffen der EG- Außenminister gestern in Brüssel betonte Owen, die militärische Unterstützung der bosnisch-kroatischen Miliz „Kroatischer Verteidigungsrat“ (HVO) durch die seit Januar 1992 international anerkannte Republik Kroatiens sei „keinesfalls zu rechtfertigen“.

Owen wies zudem darauf hin, daß die Versorgung der Bevölkerung in den Kriegsgebieten für den kommenden Herbst und Winter schon jetzt sicher gestellt werden müsse. Selbst für den Fall, daß sich die bosnischen Kriegsparteien auf eine friedliche Lösung, konkret die Dreiteilung der ehemaligen jugoslawischen Republik nach ethnischen Kriterien, verständigen würden, wäre die Zivilbevölkerung weiter durch Hunger, Durst und Krankheiten gefährdet. Die EG- Außenminister hatten zuvor in einer öffentlichen Aussprache ihren Willen unterstrichen, für die Menschen im ehemaligen Jugoslawien auch im kommenden Winter humanitäre Hilfe sicherzustellen. Laut dem EG-Ratsvorsitzenden, Belgiens Außenminister Willy Claes, könnten dabei finanzielle Engpässe im EG-Haushalt zu erheblichen Schwierigkeiten führen.

Über eine Verhängung von Wirtschaftssanktionen gegen die Republik Kroatien, die nach bisher unbestätigten Berichten aus der Hauptstadt Zagreb mittlerweile auch mit regulären Truppen in Bosnien kämpfen soll, wurde gestern nachmittag keine Einigung erzielt. Die deutsche Regierung lehnt bisher ein Embargo gegen die ex-jugoslawische Republik ab. Der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher hatte 1991 als erster hoher Politiker die Anerkennung Kroatiens als unabhängiger Staat gefordert. Die anderen EG-Mitgliedstaaten, die damals die deutsche Initiative unterstützt hatten, drängen nun auf „deutliche Worte“ an Zagreb.

Während die kroatischen und moslemischen Einheiten ihre Kämpfe in Zentralbosnien mit großer Härte fortsetzten, stießen die UN-Schutztruppen (UNPROFOR) in der Stadt Fojnica auf mehr als tausend völlig hilflos zurückgelassene Krankenhauspatienten. Darunter befanden sich rund hundert geistig behinderte Kinder, die seit mindestens drei Tagen ohne Nahrung eingesperrt waren. Der Schwerpunkt der Kämpfe lag nach einem Bericht des kroatischen Rundfunks erneut bei der zentralbosnischen Stadt Bugojno. Die Gegend um Fojnica war in der vergangenen Woche von Verbänden der bosnischen Armee erobert worden. Bei ihrer Ankunft wurden die kanadischen UN-Blauhelme mit Maschinengewehren beschossen. Derweil starteten bosnische Einheiten, dem Bericht des kroatischen Rundfunks nach, einen neuen Angriff auf die kroatischen Kasernen in Bugojno sowie auf verschiedene kroatische Dörfer in der Nähe der Stadt.