„Fall Orlowsky“: Anzeige wurde nachgereicht

■ Angeblich gestohlenes Protokoll der Ell-Bau zunächst nicht als vermißt gemeldet / Oberstaatsanwältin Riebschläger handelte gegen Empfehlung der Polizei

Die Frage, wie es zu der umstrittenen und erfolglosen Hausdurchsuchung bei Ex-Baustadtrat Werner Orlowsky kommen konnte, ist nun weitgehend geklärt. Wie Orlowskys Anwalt Johannes Eisenberg gestern nach Durchsicht der Akten mitteilte, habe die Ellbau- Baubetreuungsgesellschaft, eine Firma der Ellinghaus-Gruppe, das angeblich entwendete Jour-fixe- Protokoll bei einer Anzeige im Oktober letzten Jahres zunächst nicht als vermißt gemeldet. Erst nachdem der Rechtsstreit der Firma gegen Werner Orlowsky vor dem Landgericht anhängig war, habe die Baufirma im Februar diesen Jahres Orlowsky als Tatverdächtigen genannt und bei der Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung angeregt.

Wie die taz gestern berichtete, sollten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft bei der Hausdurchsuchung Beweismittel, darunter jenes Protokoll, bei Werner Orlowsky sichergestellt werden. Diesem Protokoll ist zu entnehmen, daß die Ellinghaus-Gruppe Vorsorge dafür traf, Miets- in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Ellinghaus-Zögling Walter Momper hatte dies zuvor heftig bestritten und zunächst eine einstweilige Verfügung gegen Orlowsky erstritten, der bei einer Talk-Show behauptet hatte, Ellinghaus operiere auf dem Sektor der Umwandlung. Nicht zuletzt aufgrund des Protokolls hatte das Landgericht im März diesen Jahres die einstweilige Verfügung wieder aufgehoben.

Orlowsky-Anwalt Eisenberg und mittlerweile auch die Fraktion Bündnis 90/Grüne interessieren sich nun vor allem für die Rolle, die Oberstaatsanwältin Riebschläger in diesem „Tollhaus der Berliner Baumafia“ (Grüne) spielt. Laut Eisenberg habe der Polizeibeamte, der die zweite Anzeige der Ell-Bau zu Protokoll nahm, damals den Verdacht geäußert, daß die Ell- Bau auf diesem Wege die Verwendung des Jour-fixe-Protokolls vor Gericht verhindern wolle.

Justizsprecher Bruno Rautenberg bestätigte gestern, daß die Polizei nach der zweiten Anzeige und dem Durchsuchungsbegehren der Ell-Bau zwei Zeugen vernommen habe und zu der Einschätzung gelangt sei, daß eine Hausdurchsuchung nicht durchgeführt werden müsse. Daraufhin sei die Akte erneut an die Staatsanwalt gegangen. Oberstaatsanwältin Riebschläger habe dann entgegen der Einschätzung der Polizei die Durchsuchung beantragt. O-Ton Rautenberg: „Ein ganz normaler Vorgang.“

Oberstaatsanwältin Riebschläger ist die Ehefrau des ehemaligen Bausenators Klaus Riebschläger, der heute für die Anwaltskanzlei Knauthe arbeitet. Auf Vorschlag dieser Kanzlei beschloß der Senat im Frühsommer 1991, bei Investorenstreitigkeiten denjenigen Bauherrn zu bevorzugen, der einen Großteil der Rückübertragungsansprüche auf sich vereinigen könne. Dieser Beschluß wurde als „Lex Knauthe“ damals als Festschreibung der Vormachtstellung der Berliner Immobilienszene heftig kritisiert.

Gerüchte, daß seine Tätigkeit als Immobilien-Anwalt etwas mit dem Durchsuchungsbeschluß seiner Frau zu tun haben könnten, wies Klaus Riebschläger gegenüber der taz zurück. Die berufliche Arbeit des Partners sei in ihrer Ehe kein Gesprächsthema. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte dagegen gestern von Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD), „schnellstens den Verdacht auszuräumen, daß sich die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin zum Büttel des Jungbaulöwen Momper machte“. Uwe Rada