■ Mit Ost-Bilanzen auf du und du
: Schluckspechte

Frankfurt/Main (taz/dpa) – Ostdeutsche Unternehmen sind wahre Schluckspechte, was frisches Kapital angeht. Wie die Bundesbank in einem heute veröffentlichten Bericht darlegt, begannen viele Betriebe unmittelbar nach der Währungsumstellung im Sommer 1990 mit einer „durchaus beachtlichen Eigenmittelausstattung“. Davon aber ist wegen der zusammenbrechenden Ostmärkte und den meist negativen Bilanzen nicht mehr viel übrig geblieben.

Immerhin sollen nach einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die Verluste der ostdeutschen Unternehmen 1992 im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sein. „Dabei muß freilich offenbleiben, inwieweit dieser erste Schritt in Richtung auf eine Verbesserung daraus resultiert, daß besonders ertragsschwache Unternehmen ausgeschieden sind“, merken die Bundesbanker aber vorsichtig an.

Die Währungshüter aus Frankfurt am Main haben in ihrem neusten Monatsbericht die Bilanzen von 863 ostdeutschen Betrieben unter die Lupe genommen. Im Jahr 1991 machten sie zusammen drei Milliarden DM Miese – das heißt: bei 100 DM Umsatz zahlten die Unternehmen im Durchschnitt 13,50 DM drauf. Dabei stieß die Bundesbank auf bemerkenswerte, aber nicht unerwartete Unterschiede: 420 vorwiegend größere Unternehmen, auf die insgesamt knapp 70 Prozent des Umsatzes entfielen, schrieben rote Zahlen. Besonders katastrophal fiel das Ergebnis bei den Betrieben des verarbeitenden Gewerbes aus: 100 DM Umsatz führten durchschnittlich zu 23 DM Verlust.

443 der untersuchten Unternehmen wiesen hingegen – wenn auch zum Teil nur bescheidenen – Gewinn aus. Sie sind vorwiegend relativ klein und auf lokale Märkte hin orientiert. Generell stellte die Bundesbank wie vor ihr auch schon andere fest, daß Unternehmen im Handel, im Dienstleistungsbereich und in der Bauwirtschaft deutlich an Effizienz gewonnen haben. Im Handel weisen die Bilanzen durchchnittlich nur Verluste von 0,5 Prozent aus, im Dienstleistungsbereich sind es durchschnittlich etwa 2,5 Prozent.

Bei Industrieunternehmen hingegen vermögen auch die Bundesbanker noch keine durchgreifende Besserung zu erkennen, weil diese dem internationalen Konkurrenzdruck ausgesetzt sind. Vor allem sie bleiben deshalb weiterhin auf die Zufuhr von Privatkapital aus Westdeutschland und anderen Ländern angewiesen, wenn sie nicht zusammenklappen sollen. Natürlich ließen die Währungshüter auch diese Gelegenheit nicht aus, ihre Meinung kundzutun, daß bei den Löhnen „an vorderster Stelle“ gespart werden müsse. Dem habe die Lohnpolitik erst 1993 und nur in einigen Bereichen ansatzweise Rechnung getragen, klagen sie. aje