Verzerrung des Arbeitsmarkts

■ Verbände von Arbeitnehmern und Arbeitgebern üben Kritik an der Einrichtung von Arbeitsförderbetrieben

Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände sind sich ausnahmsweise einmal einig. Der DGB spricht von einem „Pyrrhussieg“ in der Arbeitsmarktpolitik, die IG Metall von „Schindluder mit den Arbeitslosen“, und Handwerkskammer sowie Industrie- und Handelskammer äußern ihr „Unverständnis“. Stein des Anstoßes ist die am Dienstag vom Senat beschlossene Einrichtung von Arbeitsförderbetrieben.

Die Betriebe sollen als GmbHs vor allem Menschen einstellen, die wenig Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben, wie etwa ältere ArbeitnehmerInnen, Alleinerziehende oder AusländerInnen. Zunächst für drei Jahre sollen sie sich durch Lohnkostenzuschüsse der Bundesanstalt für Arbeit, Landesmittel und eigene Einnahmen finanzieren. Dabei sollen die Zuschüsse des Landes ab-, die eigenen Einnahmen zunehmen. Gewinne sollen als Rücklagen für eine spätere Selbständigkeit verwendet werden dürfen. Die Betriebe sollen gemeinnützige Arbeiten vor allem in den Bereichen Umwelt, Jugend und Soziales leisten.

„Das neue Senatsprogramm bringt nicht einmal den berühmten Tropfen auf dem heißen Stein“, kritisierte Bernd Rissmann, Vorstandsmitglied im DBG Berlin- Brandenburg. Um nur die im ersten Halbjahr wegfallenden 10.000 ABM-Stellen durch 249h-Maßnahmen abzufangen, seien 550 Millionen Mark notwendig. Vor allem die Konzeption der Arbeitsförderbetriebe sei mehr als leichtfertig, wenn die Arbeitsverwaltung sich nicht selbst an den Betrieben beteilige. „Es ist illusorisch, daß die Arbeitsföderbetriebe mehr als zehn Prozent ihres Bedarf durch Eigeneinnahmen decken können“, so Sprecher Josef Hormann. Derzeit erwirtschafteten die Arbeitsförderungs- und Qualifizierungsgesellschaften, aus denen die neuen Betriebe hervorgehen sollen, nicht mehr als drei bis acht Prozent.

Die Arbeitgeber fürchten vor allem die Verzerrung des Arbeitsmarktes. Handwerkskammer und IHK hatten bereits im Vorfeld der Entscheidungen gefordert, den ersten Arbeitsmarkt zu stärken, anstatt einen zweiten zu etablieren. Durch die öffentliche Subvention der Sozialbetriebe machten diese den privaten Wirtschaftsunternehmen unlautere Konkurrenz. „Sie gefährden dadurch zusätzliche Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt“, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung. „Mit diesen Maßnahmen wird nichts an den Ursachen getan“, so ein Sprecher der Handwerkskammer. Die Handwerkskammer forderte, mehr Geld für Umschulung und Weiterbildung auszugeben, um die Chancen der Betroffenen in der freien Wirtschaft zu verbessern. cor