Berlins Spitze fährt für über elf Millionen

■ Gesundheitspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Grüne will bei den Dienstwagen sparen / Taxipauschale als Alternative

Wenn es nach Bernd Köppl, dem gesundheitspolitischen Sprecher von Bündnis 90/Grüne geht, müßten die Spitzen der Berliner Politik und Verwaltung auch per Taxi, Bus und Bahn ihre Dienstfahrten unternehmen. Immerhin, so seine Berechnungen, könnten dadurch jährlich mehr als 10 Millionen Mark eingespart werden.

Angesichts der allgemeinen Spardebatte wollte Köppl es noch einmal genau wissen. Sein Nachschlag in den Haushaltsunterlagen brachte zutage, daß 99 Dienstwagen mit Fahrer für Senat, Abgeordnetenhaus und Verwaltung bereitstehen, davon 39 für die 17 Senatoren und ihre Staatssekretäre. Auch die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU, FDP und PDS schätzen den Fahrservice.

Laut Köppl kostet jeder Dienstwagen jährlich 120.000 Mark, alle zusammen rund 11,8 Millionen Mark. Sein Vorschlag: Eine Dienstfahrten-Jahrespauschale über 10.000 Mark für Taxen, Busse und Bahnen. Diese „äußerst großzügig“ bemessene Ausschüttung aus dem Steuersäckel würde insgesamt nur mit einer Million Mark zu Buche schlagen.

Mit gemischten Gefühlen nahmen gestern die von ihm Angemahnten den Vorschlag auf. „Das ist eine unter finanziellen und ökologischen Aspekten äußerst interessante Idee“, erklärte SPD-Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller. Da sie aber im Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses wohl keine Mehrheit erhalten werde, wolle er Köppls Vorstoß eher als Beispiel betrachten, wie man „das Sommerloch füllen kann“. Vom Koalitionspartner CDU zeigte deren haushaltspolitische Sprecherin Christa-Maria Blankenburg zwar „grundsätzliches Verständnis“ für Köppls Vorstoß, wollte sich aber bei genauerer Nachfrage nicht genau festlegen lassen, wo Einsparungen vorgenommen werden könnten. Die CDU sei für eine „bedarfsgerechte Überprüfung“ aller Fuhrparks. Staatssekretäre und Senatoren seien aber auf eigene Wagen angewiesen, denn häufig werde während der Fahrt in Akten gearbeitet.

Der Präsident des Rechnungshofes, Horst Grysczyk, dessen Wagen Köppl ebenfalls auf seine Sparliste gehievt hatte, verteidigte sich mit dem Hinweis, daß sein Dienstwagen – der übrigens der einzige für seine 260 Personen starke Verwaltung sei – „auch schon mal Akten bei anderen Senatsstellen abholt“. Grysczyk zur taz: „Mein Fahrer kann sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen.“ Ansonsten konnte Grysczyk dem Vorschlag des Bündnis 90/Grüne-Politikers durchaus eine ernste Note abgewinnen. Der „vielleicht wirksamste Weg“ sei, über eine Verwaltungsreform die Zahl der Senatoren, Staatssekretäre und Bezirke zu verringern. „Dementsprechend weniger Dienstwagen werden dann auch benötigt“, so Grysczyk.

Daß Köppls Vorschlag nicht gänzlich an den Haaren herbeigezogen ist, machte Grysczyk an der Überprüfung der bezirklichen Fuhrparks vor mehr als zehn Jahren deutlich. Nachdem der Rechnungshof damals die Dienstwagen für Stadträte moniert habe, seien sie schließlich abgeschafft worden. Heute verfügten nur noch die Bezirksbürgermeister über einen entsprechenden Wagen. Severin Weiland