■ Das Portrait
: John Major

Er ist der nette, aber unauffällige Junge von nebenan. In der britischen Satiresendung „Spitting Image“ ist die Major-Puppe eine Komposition in Grauschattierungen: grauer Anzug, graue Haare, graues Gesicht, graue Persönlichkeit. Für Karikaturisten ist der Premierminister eher ein Problem, weil ihm herausragende Eigenschaften völlig fehlen. Selbst wenn er wütend ist, verändert sich seine Stimme nur um Nuancen. Seinen blitzartigen Aufstieg verdankt der 50jährige John Major seiner großen Über-Mutter und Vorgängerin Margaret Thatcher, die ihn im Juli 1989 zum Außenminister und nur drei Monate später zum Finanzminister machte. Es ist typisch für Major, daß er bis zum Schluß loyal blieb und ihr nicht in den Rücken fiel. Das ließ er andere besorgen, wie seinen Rivalen Michael Heseltine. Diese Taktik ging auf: Weil viele Tory-Abgeordnete tief um die Eiserne Lady trauerten, hatte Judas Heseltine bei der Wahl um ihre Nachfolge keine Chance.

Von Anfang an mußte sich Major mit der ökonomischen Trümmerlandschaft aus Arbeitslosigkeit und Rezession herumplagen, die der Thatcherismus hinterlassen hatte. Prompt ging er bei seinen ersten Parlamentswahlen als Premier im Frühjahr 1991 beinahe baden. Lediglich die Schwäche der Labour Party verhinderte es, daß Major als Premierminister mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichte einging. Stattdessen ist er als Wendepremier bekannt geworden: Sowohl in seiner Personalpolitik, als auch bei politischen Entscheidungen macht Major ständig Kehrtwendungen.

Premier in NötenFoto: Fabrizio Bensch

Major verließ die Oberschule mit 16 Jahren ohne Abschluß, bezog Sozialhilfe und arbeitete später auf dem Bau, weil er die Familie unterstützen mußte. Sein Vater war Trapezkünstler, seine Mutter wird von den Biographen nie erwähnt. Seine bescheidene Herkunft, die ihm anfangs als Tugend angerechnet wurde, hat ihn längst zum Gespött der Upper Class auch in der eigenen Partei gemacht. Lord Rees-Mogg, der ehemalige Times-Herausgeber, bescheinigte ihm die Zweitklassigkeit: Er sei kein geborener Führer, er könne nicht reden und habe kein Selbstvertrauen. Respektlos klagte der Lord vor dem höchsten englischen Gericht gegen die Maastrichter Verträge. Diese Zeitbombe tickt noch, entschieden wird darüber wohl erst im Herbst. RaSo