Junkerhand grabschte vergeblich nach Bauernland

■ Franz zu Putbus bekommt 15 000 Hektar Land auf Rügen nicht zurück

Berlin (taz) – Die Finanzministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Bärbel Kleedehn, hatte am Donnerstag eine äußerst dankbare Aufgabe: Sie verkündete den Rügener Bauern, daß der Fürstennachkomme Franz zu Putbus die ehemaligen Ländereien seiner Familie nicht zurückbekommt. Das hatte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen nach monatelangen Recherchen entschieden. Der Adelsmann kündigte prompt Revision an.

Franz zu Putbus, der bis zur Wende als Kaufmann in Neuss lebte, hatte sich im Frühjahr 1990 noch mit edlen Worten an die „lieben Rügianer“ gewandt. „Man kann das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen. Alte Besitzstrukturen lassen sich nicht wiederherstellen“, schrieb er beruhigend in der Ostseezeitung. Gerührt verhalfen die Rügianer ihm zu einem Sitz im Kreistag und seiner Partei, der CDU, zur Mehrheit auf der größten deutschen Insel. Wenig später aber meldete der Blaublütige Rückgabeansprüche für 78 landwirtschaftliche Flächen und 10 Waldgebiete an – insgesamt 14 536 Hektar. Außerdem wollte er die dazugehörigen Höfe, zwei Schlösser sowie Theater, Kursaal, Schloßpark und noch weitere Gebäude in Putbus wiederhaben. Bauern und Kneipiers fürchteten um ihre Existenz, Millioneninvestitionen wurden auf Eis gelegt.

Die zentrale Frage, um die es bei dem Rückgabeverfahren ging, war der Zeitpunkt der Enteignung. Der Vater von Franz, Malte zu Putbus, war 1944 von den Nazis ins KZ Sachsenhausen gebracht worden, wo er 1945 starb. Wenn die Enteignung noch zur Zeit des Nationalsozialismus geschehen wäre, hätte der Putbuserbe nach geltender Rechtslage Anspruch auf Rückgabe. Enteignungen bei der von der Sowjetunion durchgeführten Bodenreform zwischen 1945 und 1949 aber hatte Michail Gorbatschow bei den deutschen Einheitsverhandlungen für tabu erklärt. Franz zu Putbus konnte in den Grundbüchern bisher keinen Nachweis für die frühe Enteignung vorlegen. Jetzt entdeckten die Rechercheure statt dessen Verfügungen des Generalbevollmächtigten seines Vaters, die 1945 datiert sind.

Dennoch muß Franz zu Putbus nicht am Hungertuch nagen: Die Villa am Putbusser Renommierplatz, die der Adelige spottbillig von der Stadt gekauft haben soll, strahlt nach außen schon wieder in altem Glanz. Und auch die vermutlich millionenteure Innenrenovierung geht voran – die Kosten trägt angeblich die Stadt Putbus. Auch muß der blaublütige Neurügianer nicht darauf verzichten, auf 500 Hektar „die Tradition der Familie“ als Landwirte fortzusetzen –vier LPG mußten dafür auf Geheiß der Treuhand Felder abtreten. Vorauseilender Gehorsam als Befriedungsversuch? aje