Radler auf der Autobahn

■ Der erste Autobahnkilometer für die "AufTakt"-Fahrraddemo ist genehmigt

Radler auf der Autobahn

Der erste Autobahnkilometer für die „AufTakt“-Fahrraddemo ist genehmigt

Die Sterntourradler, die derzeit dem Magdeburger Umweltfestival „AufTakt“ entgegenrollen, haben einen ersten Erfolg erstritten. Das Verwaltungsgericht in Hannover gab am Samstag eineinhalb Kilometer des dortigen Messeschnellwegs zum Beradeln frei.

Die Veranstalter wollen dennoch Beschwerde gegen den Bescheid einlegen. Sie planen weiterhin, auf dem ganzen Messeschnellweg, auf der A 2 bei Peine und Ost-Ingersleben und auf der A 392 bei Braunschweig demonstrativ dahinzusausen: gegen den wieder grassierenden Autobahnbau, gegen die EXPO 2000 und für eine ökologische Verkehrspolitik.

Die Veranstalter fragen sich, warum ausgerechnet eine Demo gegen den Verkehr den Verkehr nicht behindern dürfe. „Wer gegen den zerstörerischen Autoverkehr demonstrieren will, tut dies doch nicht im Wald“, sagte Ed

Abfahrt am Hauptbahnhof

mund Schulz vom ADFC.

Die bundesweite Fahrraddemonstration steht unter dem kompletten, ja fast lückenlosen Motto „Mobil ohne Auto und gegen Rassismus“. Auf über 30 Routen, von Trier, Freiburg, Kiel, Rostock, Dresden, München, Stuttgart her, ja selbst aus dem europäischen Umland nähern sich die Radler stetig dem Abschlußfestival in Magdeburg, welches von Mittwoch bis Sonntag währen soll. Dort rechnet man mit 10.000 bis 20.000 Teilnehmern. Auf dem Bremer Bahnhofsvorplatz machten sich gestern einige hundert Wetterfeste auf, um über Verden ostwärts zu streben, vorerst zum Nachtquartier nach Nienburg. Strammwadelig mitten im Konvoi: der Umweltsenator Fücks.

Am heutigen Montag führt die Strecke auf Hannover zu, so oder so, wo die Teilnehmerzahl dann schon ein gutes Tausend betragen soll. Am Dienstag geht es dann wieder weiter; für die Ausfahrt ist den Medien schon eine „große spektakuläre Aktion“ verheißen, wo es zu „aktionsreichen Bildern und vielen O-Tönen“ kommen wird (laut Pressefax).

Das Projekt, organisiert von 200 Jugendlichen und unterstützt mittlerweile von 30 Umweltverbänden, dem Jugendherbergswerk und dem Rockmusikerverband, versteht sich als Zeichen der Ermutigung in schweren Zeiten. Die Teilnehmer sind gefragt, sich was einfallen zu lassen, Beispiele zu zeigen für das, was man quasi selber machen kann. In diesem Sinne ist das Festival bis ins letzte Detail politisch korrekt: Mehrweggeschirr, solarstrombetriebene Bratlingsbratereien, von Autoparkplätzen keine Spur. Dafür ist im Beitrag von 65 Mark pro Person kontr. biol. org. Verpflegung inbegriffen; seit April ackern die Biobauern um Magdeburg extra fleißig, damit das Zeug nicht über sündhaft lange Transportwege herangeschafft werden muß.

Für den Zeitvertreib in Magdeburg sorgen wenige Profimusiker und viele Amateurkapellen; von Konzerten abgesehen, werden sie auch lehrreiche Workshops veranstalten. Ferner wird auf der Elbeinsel zwischen Ständen und Zelten das ganze Sortiment der Straßenkunst aufgeboten. Pit Budde, Ex-Cochise, lehrt Instrumentenbau, Peter Härtling diskutiert über Literatur, die Psychologie des Autoverkehrs wird gelehrt und auch, wie man Solarkochkisten selber macht, es gibt Puppentheater und Drachensteigeshows, Yoga und Massage, reggaephilosophische Vorlesungen, südamerikanische Volkstänze und was sonst alles im globalen Zeltdorf von Belang ist. wmf