Im Kampf mit dem schlechten Ruf

■ Gesichter der Großstadt: Ahmed Mohammed, Einsatzleiter einer Sicherheitstruppe, fühlt sich von den Behörden ungerecht behandelt / "Durch Leistung überzeugen"

Der Wunsch, als „ein Mensch wie jeder andere“ anerkannt zu werden, zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Ahmed Mohammed: In seiner Jugendzeit war es die Mutter, die ihn für das „schwarze Schaf“ der Familie hielt – „für sie war ich nur ein Rumtreiber und Frauenheld“ – heute sind es Polizei und Behörden, die ihn „einfach nicht in Ruhe lassen“, klagt der 29jährige Einsatzleiter des Sicherheitsdienstes „CMM“, der seit kurzem im Auftrag von Geschäftsleuten über den Ku'damm patrouilliert. Und stellt mit zorniger Stimme eine Frage, die für ihn längst beantwortet ist: „Ist das Gerechtigkeit?“

„Der Sport lag mir im Blut“

Im Alter von zwölf Jahren kam der gebürtige Libanese in die Bundesrepublik. „Mich hatte damals ein Granatsplitter im Rücken getroffen, und meine Eltern meinten, ich sollte am besten in Deutschland behandelt werden.“ Das Geld dazu fehlte nicht, denn der Vater war Inhaber eines Getränkegroßhandels. So kam Mohammed mit seiner Mutter und acht Geschwistern in das Land, das seine zweite Heimat werden sollte.

Er besuchte die Hauptschule und begann danach eine Ausbildung als Kampfsportlehrer. „Mein Schulfranzösisch hatte ich schnell wieder verlernt, der Sport aber lag mir im Blut“, erzählt er in bestem Berlinerisch, und seine athletische Statur läßt daran keinen Zweifel. Schon im Libanon besuchte er ein Sportinternat, und „Kampfsportfilme haben mich immer fasziniert“.

„Meine Verlobte hat mich gerettet“

Um die Ausbildung zu finanzieren und nebenbei die Mutter zu unterstützen, mußte Mohammed schnell Geld verdienen. So arbeitete er mit 17 Jahren tagsüber bei einem befreundeten Obsthändler als Verkäufer, nachts als Türsteher einer Diskothek. In „ein paar Schlägereien“ sei er damals schon verwickelt gewesen, räumt er ein, aber: „Als Türsteher hat man nun mal einen schlechten Ruf.“

Seitdem habe es immer wieder Scherereien mit der Polizei gegeben, für Mohammed oft nur Schikane: „Die haben grundlos meine Wohnung durchsucht.“ Das habe ihm psychisch sehr zu schaffen gemacht, und er „wollte einfach aufgeben“. Vor drei Jahren jedoch lernte er seine heutige Verlobte kennen: „Sie hat mich gerettet.“ Ihr Ratschlag: „Zeige den Leuten, die schlecht über dich denken, daß du nicht so bist.“ Er habe vorher nie gedacht, daß „eine Frau so motivieren kann“.

Glaubt man den Beteuerungen des Libanesen, versucht er seinen „Wandel“ seitdem mit viel Kraft, aber wenig Erfolg glaubhaft zu machen: „Mich verfolgt mein negatives Image von damals.“ Er vermutet dahinter rassistische Motive: „Die Behörden mögen es nicht, wenn ein Ausländer Deutsche beschützt.“ Im Gegensatz zu seinen Arbeitgebern: Die habe er „durch Leistung überzeugt“, und deswegen sei aus dem Türsteher von damals der Einsatzleiter von heute geworden: „Ich habe gelernt, meinen Marktwert zu steigern.“

Zu diesem Zwecke habe er sich „eine Mannschaft aufgebaut für die gemeinsame Karriere“. Die „familiäre Atmosphäre“ bei „CMM“ – auch wörtlich zu nehmen, denn sein Bruder ist der Geschäftsführer – ist dann auch das, was seiner Meinung nach den Erfolg des Unternehmens begründet. Auf Verfahren wegen „Freiheitsberaubung angesprochen, die gegen „CMM“-Mitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeit im „Europa- Center“ vor nicht allzu langer Zeit liefen, antwortet Mohammed mit Unschuldsmiene: „Wenn wir jemanden sagen, er soll uns auf die Polizeiwache begleiten, und der macht das, dann ist das doch keine Freiheitsberaubung.“ Und beteuert, seine „Jungs“ hätten sich „nichts Böses dabei gedacht“.

„Den Hütchenspielern verdanke ich meinen Job“

Auf die „Hütchenspieler“ angesprochen, meint er verschmitzt: „Denen verdanke ich doch meinen Job.“ Doch dann verfinstert sich sein Gesicht: „Als die zu meinen Leuten gesagt haben, daß sie mich umbringen werden, war für mich der Spaß vorbei.“ Angst habe er „vor dem Hinterhalt, und daß sie meiner Familie etwas antun könnten“. Und meint kurz darauf, so als wolle er sich beruhigen: „Jemand, der so etwas wirklich machen will, kündigt das nicht vorher an.“

Obdachlose tun ihm leid, für Alkoholiker und Drogenabhängige jedoch hat der Sicherheitsmann, der sich als „gläubigen Moslem“ bezeichnet, „kein Verständnis“. Bettelnden Kindern würde er immer Geld geben: „Das machen wir doch für uns. Gott sieht das und schützt uns.“ Im übrigen seien das aber auch „Probleme des Staates“. Eine krude Idee hat der Libanese, der so freundlich sein kann und dann von einem Moment auf den anderen eine Mitarbeiterin anzufaucht, dann doch noch parat: „Man sollte Obdachlosenheime bauen, so was gibt's für Omas und Asylanten doch auch. Damit könnte man denen helfen und hätte sie gleichzeitig von Unschuldigen und Kindern entfernt.“ Ulrich Jonas