Anklage gegen Reps wegen Volksverhetzung

■ Drei Bezirksverordnete der „Republikaner“ hatten in einem Schreiben Homosexuellen indirekt Gewalt angedroht

Die Staatsanwaltschaft hat gegen drei Bezirksverordnete der „Republikaner“ (Reps) Anklage wegen Volksverhetzung erhoben. Das bestätigte Justizsprecher Bruno Rautenberg am Wochenende. Die drei Abgeordneten der Friedrichshainer Bezirksverordnetenversammlung Detlef Mahn, Rainer Gerbert und Manfred-Ulrich Voigt hatten im November 1992 in einem Brief an Gesundheitssenator Peter Luther (CDU) Stellenstreichungen und Kürzungen in der Lesben- und Schwulenberatung begrüßt und als „verantwortlich“ bezeichnet. In dem Rep- Schreiben, das Formulierungen der Lesben- und Schwulenbewegung aufgreift und verdreht, heißt es zynisch, Kürzungen seien „ein Signal politischer Entsolidarisierung gegenüber Lesben und Schwulen und gießen damit weiteres Öl ins Feuer zunehmender Intoleranz und Anfeindungen gegen Minderheiten“. An die Adresse von Homosexuellen gerichtet, drohen die Absender: „Wenn sie in ihrem Kämmerlein bleiben, tut ihnen niemand etwas.“

Der Friedrichshainer Bezirksbürgermeister Helios Mendiburu (SPD) hatte den Brief als „Aufruf zur Gewalt“ eingeschätzt und im Dezember 1992 Strafanzeige erstattet. Gegenüber der taz meinte er gestern zur Anklageerhebung: „Das hat ja lange genug gedauert.“ Er habe sich gewundert, daß er bisher nicht als Zeuge befragt worden sei, sei jedoch „natürlich befriedigt“. Er erhoffe sich von dem Verfahren vor allem, „daß das wahre Gesicht dieser rassistischen und faschistischen Partei öffentlich dargestellt wird“.

Auch der „Bundesverband Homosexualität e.V.“ (BVH) zeigte sich gestern zufrieden. Wie Vorstandsmitglied Jürgen Nehm der taz sagte, seien vor Bekanntwerden des Briefes „solch offene Äußerungen von den ,Republikanern‘ nicht bekannt“ gewesen. Aus den Parteiprogrammen dieser Partei gehe jedoch „klar hervor, daß die Schwule und Lesben an den Rand dieser Gesellschaft drängen wollen“. Ihm seien bundesweit keine Anklagen gegen Mitglieder der „Republikaner“ wegen Volksverhetzung bekannt. „Insofern handelt es sich bei der Anklage tatsächlich um ein ,Pilotprojekt‘“.

Oberstaatsanwalt Carlo Weber, Leiter des Sonderdezernats 81 (ehemals „Politische Abteilung der Staatsanwaltschaft“), sprach der Berliner Zeitung zufolge von einer „weiten Auslegung der Volksverhetzung“, die der Anklage zugrunde liege. Paragraph 130 des Strafgesetzbuches definiert denjenigen als Volksverhetzer, der „in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören (...), zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet“. Das Strafmaß reicht von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Nach Presseberichten wird der Prozeß frühestens Ende des Jahres beginnen. Ulrich Jonas