Vom Finsterling zum glatten Aal

Berlin (taz) – Eine neue Definition verlieh Boris Becker dem Begriff „Einvernehmen“, zumindest, wenn man Ion Tiriac, Beckers „ausschließlichem weltweiten Repräsentanten für Management- Dienstleistungen und Öffentlichkeitsarbeit“ (Tiriac), Glauben schenkt, was wir in diesem Fall einmal tun wollen. Einvernehmen ist, wenn einer etwas bestimmt und der andere dazu entweder ja und amen sagt oder gehörig eins aufs Dach bekommt. Boris Becker hatte verkündet, daß er sich „einvernehmlich“ von seinem Manager Ion Tiriac getrennt habe, der jedoch sieht das ganz anders: „Unsere Beziehung beruht auf einem Vertrag... Dieser Vertrag wurde bis zum 31. Dezember 1996 verlängert... Boris Becker hat ihm weder gekündigt noch ihn sonst einseitig zu beenden versucht.“ Klare Worte zu einer unklaren Sache, die nur Boris Becker aufklären könnte, der aber nichts sagt – oder vielleicht die neue graue Eminenz im deutschen Tennissport, der Münchner Anwalt Axel Meyer- Wölden. Der hat Becker in der Tiriac-Angelegenheit offenbar beraten, sagt aber auch nichts.

In den letzten Monaten hatte sich das Verhältnis Becker-Tiriac drastisch verschlechtert. Vom einstigen Einvernehmen war nichts geblieben, und so kam Becker die Idee der einvernehmlichen Trennung, bei der es sich wohl eher um eine Art einseitig verordneten bezahlten Urlaub für Tiriac handelt. „Wenn Tiriac sich wie ein Gentleman verhält“, zitiert die Welt am Sonntag das „Umfeld“ Beckers, „wird er weiter an den Erträgen des Unternehmens partizipieren. Wenn nicht, wird man sich vor Gericht wiedersehen.“

Wer dort als Boris-Vertreter aus dem Hut hüpfen dürfte, liegt auf der Hand: Dr. Meyer-Wölden, inzwischen auch als „Berater“ des neuen Tennis-Smarties Marc-Kevin Goellner geoutet. In der Unterhaltungsbranche hatte sich der 51jährige als Produzent und Rechtebesitzer niveaumäßig langsam nach oben gearbeitet, von Cindy und Bert über Peter Alexander bis zu Michael Jackson und Placido Domingo. Im Sport fing er gleich oben an. Er rief den wegen seiner unanständig hohen Preisgelder vor allem von Boris Becker scharf kritisierten Grand Slam-Cup ins Leben, verscherbelte die Rechte der Fußball-Bundesliga an Sat.1 und mischte sich zu guter Letzt in Berlins Olympia-Bewerbung ein. Dort machte er sich für jene merkwürdige Milliarden-Bürgschaft der Wirtschaft stark, die in peinlicher Weise das umstrittene olympische Finanzkonzept der Berliner konterkarierte, und glänzte mit grotesk-inkompetenten Bemerkungen wie jener, daß Helmut Kohl nur dreißig bis vierzig befreundete Staatschefs anrufen müsse, um Olympia nach Berlin zu holen.

Berüchtigt ist der triebhaft umtriebige Anwalt für seine Eitelkeit und seine Dünnhäutigkeit. Nur schwer verkraftete er, daß ihm ein Platz am illustren runden Olympia- Tisch der Wirtschaft verweigert wurde, und im Pressezentrum der Münchner Olympiahalle brüllte er einmal minutenlang einen süddeutschen Journalisten an, der es gewagt hatte, einige kritische Bemerkungen über den Grand Slam- Cup zu verlieren und intervenierte beim Chefredakteur. Sollte der vermutete Manager-Wechsel vom bärbeißigen Finsterling zum aalglatten Paragraphenjongleur tatsächlich zustande kommen, wird eines vermutlich nicht leiden: Beckers Finanzimperium. Die Geschäftstüchtigkeit des Herrn Meyer-Wölden muß selbst Ion Tiriac anerkennen: „Er ist der einzige, der es geschafft hat, mich über den Tisch zu ziehen.“Matti