Neue Rubel für Rußland

■ Jelzin unterbricht wegen Putschgerüchten Urlaub / Sowjetische Rubelscheine werden eingezogen

Moskau (AFP) – Der russische Präsident Boris Jelzin hat am Sonntag seinen Urlaub unterbrochen und ist nach Moskau zurückgekehrt. Jelzin reagiert damit auf neue Staatsstreich-Gerüchte in der russischen Hauptstadt. Der Pressedienst Jelzins hatte am Freitag abend dem von Konservativen dominierten Parlament vorgeworfen, es wolle „die Macht ergreifen“. Das Parlament hatte in den vergangenen Wochen den Staatschef wegen seiner Wirtschafts- und Außenpolitik erneut scharf angegriffen. Am Freitag hatte das Parlament die Immunität des stellvertretenden Ministerpräsidenten Wladimir Schumejko aufgehoben, um eine Untersuchung von Korruptionsvorwürfen zu ermöglichen.

Die am Wochenende überraschend angekündigte Rubel-Reform hat in Rußland sowie in Armenien und Moldova heftige Proteste ausgelöst. Dagegen verteidigte Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin die Maßnahme am Samstag abend als Aktion zur Eindämmung der Inflation und zur Stabilisierung der Währung. Besonders die Einfuhr von Rubel- Noten, die illegal in anderen früheren Sowjetrepubliken gedruckt würden, solle durch die Ausgabe neuer Banknoten verhindert werden. Zustimmung kam auch aus Weißrußland.

Die russische Zentralbank hatte am Samstag überraschend angekündigt, ab Montag alle vor 1993 ausgegeben Rubel-Scheine aus dem Verkehr zu ziehen. Dies führte zu Panikreaktionen der Bevölkerung. Der armenische Finanzminister Lewon Barchudarian sprach in Eriwan von einer Verletzung bestehender Verträge. Die russische Nachrichtenagentur ITAR-TASS berichtete, im sibirischen Omsk habe die Ankündigung der Zentralbank am Samstag aufstandsähnliche Zustände ausgelöst.

Zahlreiche Menschen hätten versucht, Banken und Geschäfte, die keine alten Scheine mehr annehmen wollten, zu stürmen. Auch in Moskau versammelten sich zahlreiche Menschen vergeblich vor den bereits am Mittag geschlossenen Banken.

Russen und in Rußland lebende Ausländer haben zwei Wochen Zeit, 35.000 Rubel (60 Mark) umzutauschen und ihr restliches Guthaben für sechs Monate auf ein Sperrkonto zu legen. Touristen können lediglich 15.000 Rubel eintauschen. Tschernomyrdin betonte, es würden genügend neue Scheine gedruckt, um alle im Umlauf befindlichen alten Banknoten umzutauschen. „Kein Russe wird etwas verlieren“, unterstrich der Ministerpräsident. Die währungspolitische Maßnahme, die 250 Milliarden Rubel (umgerechnet etwa 425 Millionen Mark) und damit etwa zwölf Prozent der Geldmenge betrifft, wurde zur Stabilisierung der Finanzlage vorgenommen. Bereits am 8. Juli hatte die Zentralbank den Rückruf der Rubel-Scheine angekündigt, die noch mit dem UdSSR-Emblem und einem Lenin-Kopf verziert waren. Obwohl vertragsgemäß nur Rußland zur Rubel-Ausgabe berechtigt ist, benutzen mehrere ehemalige Sowjetrepubliken die alten Druckplatten, um selbst Scheine in Umlauf zu bringen. Außer in Rußland wird der Rubel noch in Armenien, Weißrußland, Moldawien, Kasachstan, Tadschikistan und Turkmenistan als offizielle Währung verwendet.