piwik no script img

Hisbollah kündigt Mobilmachung an

■ Arabische Politiker warnen vor nega- tiven Folgen für Nahost-Friedensprozeß

So blutige Tage hat der Libanon seit dem israelischen Einmarsch 1982 nicht mehr gesehen. Allein am Sonntag übersäten Kampfflugzeuge zwölf Stunden lang das Land vom Süden über die östliche Bekaa-Ebene bis vor die Tore der Hauptstadt mit einem Teppich von Raketen und Splitterbomben. Dutzende von Dörfern im Süden des Landes wurden unter Artilleriebeschuß gelegt.

Hauptangriffspunkte waren Stellungen der pro-iranischen Hisbollah und des Volksfront-Generalkommandos im Süden, in den Schufbergen und der Gegend um Baalbek, sowie syrische Luftabwehrstellungen in der östlichen Bekaa-Ebene. Damit sind seit 1985 erstmals wieder Syrer und Israelis in eine direkte militärische Konfrontation verwickelt.

Wie immer wollte Israel vor der Nahost-Rundreise des amerikanischen Außenministers Christopher neue Tatsachen schaffen, um die Verhandlungsbasis zu seinen Gunsten zu verändern, erklärte der libanesische Außenminister Faris Buez in Beirut. Buez warnte, die Luftangriffe könnten sich negativ auf die Verhandlungen auswirken. Die gegenwärtigen Ereignisse seien das unmittelbare Ergebnis der israelischen Besatzung der „Sicherheitszone“ im Süden des Landes. Buez kündigte zwar eine Beschwerde beim UN-Sicherheitsrat an. Allerdings würde das wahrscheinlich wenig bewirken, da die Vereinten Nationen nur noch eine Nebenrolle im internationalen Geschehen spielen würden.

Schon werden Stimmen laut, die fordern, der Libanon solle sich ganz aus den Verhandlungen zurückziehen. Israel würde die Verhandlungen benutzen, um Friedenswillen vorzutäuschen, während es zugleich gegen die Libanesen Krieg führe, meinte Libanons Verteidigungsminister Mohsen Dalul. Unter den Bedingungen würden Verhandlungen wenig Sinn machen. Auch Hassan Nasrallah, Generalsekretär der Hisbollah, warnte, Israel werde einen teuren Preis für die Luftangriffe zahlen. Die Hisbollah hat inzwischen die allgemeine Mobilmachung unter seinen Mitgliedern angekündigt. Auch die palästinensische Hamas hat anläßlich der Ereignise im Libanon noch einmal ihre Forderung nach einem Boykott des Nahost-Friedensprozesses bekräftigt.

Auch die arabische Liga und Jordanien haben die Luftangriffe verurteilt und vor den negativen Auswirkungen auf die Friedensverhandlungen gewarnt. Ein Sprecher des ägyptischen Außenministeriums erklärte in Kairo, daß sein Land die Nachrichten mit großer Beunruhigung aufgenommen hätte. Sein Ministerium hätte umgehend mit den israelischen Regierungsverantwortlichen Kontakt aufgenommen und sie aufgefordert, die Angriffe einzustellen, weil sie die Spannungen in der Region erhöhen und den Friedensprozeß gefährden würden. Khalil Abied, Kairo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen