Platzproblem im Seehundbecken

■ Knopfäugiger Nachwuchs in Kiel / 120 Kubikmeter reichen nicht für sieben

Ein anderthalb Wochen altes Seehundbaby sorgt in Kiel für Aufregung: Seit der Geburt des siebten, bisher namenlosen Tieres ist das Seehundbecken des Instituts für Meereskunde (IfM) endgültig zu klein, erklärte der Direktor des IfM, Prof. Dieter Adelung, am Dienstag in Kiel. „Das Becken muß schon seit Jahren ausgebaut werden“, so Adelung. „Unsere Forderungen sind aber immer zurückgewiesen worden.“

„Das Bassin an der Kiellinie ist hier nicht mehr wegzudenken“, sagt Arne Gloy vom Presseamt der Landeshauptstadt. Viele Touristen und vor allem Kinder seien von den Tieren begeistert. Weil es in Schleswig-Holstein nur zwei weitere Seehundbecken gibt, kommen die Besucher aus allen Teilen des Landes. „Es kann doch nicht angehen, daß der Kleine hier weg muß“, meint die Kielerin Helga Baumann (45) zum Streit um das Neugeborene. „Ich verstehe nicht, warum sich bisher keiner um das Problem gekümmert hat“, bemängelt der fünfzehnjährige Hans Muter aus Flensburg. „Die müssen doch gewußt haben, daß bald Nachwuchs kommt und dann der Platz nicht mehr ausreicht.“

„Unsere Baupläne haben bereits vor einem Jahr dem Landesbauamt zur Prüfung vorgelegen“, betont Adelung. Dies sehe keine technischen Probleme. „Uns fehlt aber einfach das Geld.“ Auf 800 000 Mark schätzt Adelung den Betrag, der für zwei Anbauten an das jetzige Becken benötigt werde. Doch weder könne das Institut selber diese Summe aufbringen, noch stellten die Stadt Kiel oder das Land Geld in Aussicht.

Beim Anblick des knopfäugigen Seehundbabys sind viele der Besucher bereit, auch selbst in die Tasche zu greifen. „Schließlich komme ich jede Woche mindestens einmal hierher“, sagt Rentner Werner Heinrichs (68). In eine groß angelegte Spendenaktion setzt Adelung denn auch alle Hoffnung. „Wir können bei den Haushaltsverhandlungen im März ganz anders auftreten, wenn ein gewisser Grundstock vorhanden ist. Vielleicht würde das Land uns dann den Restbetrag finanzieren.“ Selbst könne das IfM aus rechtlichen Gründen keine Spendensammlung durchführen. Adelung hofft deshalb auf Hilfe von außen.

Vorläufig müssen die sieben Seehunde aber noch gemeinsam im 120 Kubikmeter kleinen Becken aushalten. „Kein Problem, solange das siebte Tier ein Baby ist“, sagt Adelung. Auch sei es nicht so, daß es den Tieren momentan schlecht ginge. Die Untersuchung eines Studenten am Institut habe gerade erst ergeben, daß die Seehunde ihr Leben aufeinander abstimmen würden, um Streß zu vermeiden. Bei keinem der Tiere gebe es beispielsweise Bißwunden.

Im Institut werde jetzt darüber nachgedacht, wie das Platzproblem kurzfristig gelöst werden kann. „Wir überlegen, das Baby an eine Robbenaufzuchtstation abzugeben – aber vielleicht trennen wir uns auch von einem der Alttiere“, meint Adelung. In fünf Wochen, wenn das Baby sich von seiner Mutter löst, muß eine Entscheidung gefallen sein. Marc Engelhardt/dpa