Zweiter UKE-Arzt beurlaubt

Ein weiterer Arzt aus der Radiologischen Abteilung der Uniklinik Eppendorf (UKE) fiel gestern dem Strahlenskandal zum Opfer: der frühere Oberarzt und zwischenzeitlich zum Assistenzarzt degradierte Dr. Wulf-Peter Brockmann. Er wurde von der Krankenhausleitung bis auf weiteres von seinen Aufgaben entbunden. Er folgt damit Chefarzt Hübener in den einstweiligen Zwangsurlaub.

Als Begründung führte die UKE-Leitung aber nicht die Vorkommnisse aus den Jahren 1987 bis 1990 an. Damals waren bei einer Reihe von Darmkrebspatienten nach einer vom Chefarzt Hübener neu eingeführten Behandlungsmethode schwerste Strahlenschäden aufgetreten. Man wolle seine Arbeitsleistung vorerst nicht mehr annehmen, so teilte man Brockmann nun mit, „weil nur auf diese Weise das Vertrauen der Patienten in die Klinik wiedergewonnen werden könne“. Brockmann war erst im Januar 1990 Oberarzt der Strahlenabteilung geworden.

Nur ein Vorwand? Daß er sich im UKE unbeliebt gemacht hat, und dies besonders bei seinem Chefarzt, ist ein offenes Geheimnis. Der Strahlenskandal ist nicht der erste Fehltritt, dessentwegen gegen Hübener polizeilich ermittelt wird: Ihm wird auch zur Last gelegt, Privatpatienten bei der Kasse als stationär abgerechnet, jedoch ambulant behandelt zu haben. Und dieses Ei, so vermutete Hübener, habe ihm der Oberarzt durch einen anonymen Hinweis ins Nest gelegt. Die Folge für Brockmann: Degradierung zum Assistenzarzt.

Doch der klagte im Juli gegen diese Strafmaßnahme und gewann. Seinen Posten als Oberarzt konnte er trotzdem nicht mehr antreten. Er wurde just zu dem Zeitpunkt suspendiert, als die schriftliche Urteilsbegründung auf den Tisch der UKE-Leitung flatterte.

Doch ein Ende des Chaos scheint noch nicht in Sicht: Denn der Oberarzt, der nun die Abteilung vorerst weiterleiten soll, war auch schon seit 1987 in der Strahlenabteilung tätig. Selbst die Wissenschaftsbehörde hat nun offenbar erkannt, wie tief sie in der Klemme steckt: Denn wenn Brockmann suspendiert wird, müßte aus formalen Gründen ebenso mit dem neuen leitenden Oberarzt wie auch mit einer weiteren Ärztin, die schon damals in der Abteilung gearbeitet hat, verfahren werden. Dies bedeutete jedoch die Schließung der UKE-Radiologie.

Vielleicht aber auch die Aufhebung von Brockmanns Suspendierung. Morgen abend wird Senator Hajen in einer Sondersitzung dem Bürgerschafts-Wissenschaftsausschuß jedenfalls einiges zu erklären haben. Sannah Koch