Zu viele P-Flügel für die achte Welt!

■ Sascha Wendt (9), Gameboy-Experte, über die besten Spiele, die Grenzen des Taschengelds, und wie man beides locker knackt

Mit sechs bekam er seinen ersten Gameboy; später kam eine einfache Spielekonsole für den Fernseher dazu. So ist's heute üblich, andere sind eher noch besser ausgestattet - und sitzen den ganzen Tag vor dem Bildschirm. Sascha Wendt, neun Jahre alt, zieht es vor, den Durchblick zu behalten. Die taz besuchte ihn und profitierte davon.

Mit welchem Spiel bist du eingestiegen?

Sascha Wendt: Ach, das war „Tetris“, das ist ja beim Gameboy dabei, aber ich fand's von Anfang an nicht so gut. Ist nicht mein Typ. Immer wenn man die langen Teile braucht, kommen die nicht. Und bis man dann die ganze Reihe voll hat! Ich spiel viel lieber „Mario und Joshi“: Da muß man nur zwei Hindernisse übereinander kriegen, schon sind sie weg.

Weißt du noch, welches Spiel du als erstes gekauft hast?

Klar, das war „Mario Land“, da hab ich dann Papa so lang gequält, bis er's auch mal gespielt hat.

Und wie hat er sich geschlagen?

Ziemlich schlecht, der ist beim ersten Hindernis schon totgegangen.

Kann er's mittlerweile besser?

Nee, der fand dann das ganze Spiel nicht mehr gut. Ich fand's aber superoberaffengeil. Es geht ja auch voll pupseinfach, ich hab's nach einer Woche schon ganz bis zum letzten Level durchspielen können, bis zum letzten Endboß. Ja, den hab ich auch geschlagen und die Prinzessin gerettet. Das Wasserlevel ist aber immer mein Lieblingslevel.

Sascha Wendt: „Ich find's ja voll pupseinfach, aber Papa ist beim ersten Hindernis schon totgegangen“Foto: Christoph Holzapfel

Lieblingslevel? Warum?

Die Hindernisse sind da nicht so schwer totzumachen wie im Schreckensschloß oder im Flugzeuglevel. Ich hab da ein U-Boot und nicht wie sonst so Feuerkugeln, wo man erst Feuerblumen einfangen muß, zum Beispiel fünf Stück allein schon für den feuerspuckenden Löwen, nee, da hab ich ein U-Boot und kann Torpedos schießen, so viel ich

hierhin bitte

das Porträtfoto

von dem kleinen Jungen

neben dem Bildschirm

will. Und es gibt viele versteckte Pilze, so daß man groß wird und doppelte Sicherheit kriegt.

Das hast du alles in einer Woche geknackt? Acht Stunden täglich?

Nee, meine Familie hat abgemacht: eineinhalb Stunden am Tag. Naja, manchmal werden's auch zwei, aber macht auch nichts.

Wenn du ein Spiel raus hast, spielst du's dann ein zweitesmal?

Ja, kommt vor, aber wenn es mir zu langweilig ist, verkauf ich's. Weißt du, wenn ich schnell bin, und das Spiel ist noch in, dann kann ich da richtig gute Geschäfte machen. Ein neues Spiel kostet 50 Mark, für 30 Mark werd ich sie los. Im Endeffekt zahle ich also nur 15 oder 20 Mark, manchmal noch weniger. Ich geh ja oft auf den Flohmarkt und kauf mir gebrauchte Spiele für 30 Mark. Wenn ich die dann wieder für 30 Mark weiterverkaufe, hab ich für nichts gespielt. Toll, oder?

Unbedingt. Tauscht du auch?

Ja, oft. Ich muß ja mit meinem Taschengeld auskommen. Meine Eltern sagen, die neuen Spiele sind ihnen zu teuer. Stell dir vor, einmal hatte ich das Geld zusammen für ein sehr teures neues, das hab ich dann für 100 Mark gekauft, und eine Woche später fand ich‘s für die Hälfte auf dem Flohmarkt. Da muß man schlau sein.

Machst du diese Spiele auch mal mit Freunden?

Ganz selten.

Kennst du welche, die viel mehr haben als du?

Also ich hab zwölf, aber es gibt auch welche, die haben dreißig, vierzig. Die hängen aber dann bloß noch vor der Glotze. Einen Freund hab ich, der hat auch solche Kriegsspiele.

Hast du welche getestet?

Ja, aber die find ich doof. Die machen keinen Spaß. Da muß man ja immer nur Schädel spalten.

Wenn du zwei Stunden gespielt hast, wie fühlst du dich hinterher? Müde? Aufgekratzt?

Wenn ich gut war, schmeiß ich mich aufs Bett und freu mich.

Und wenn du schlecht warst?

Schmeiß ich mich aufs Bett und maule.

Kommt es vor, daß du stattdessen den Kasten in die Ecke pfefferst?

O ja, manchmal schon. Wenn ich bei „Pinball“ ganz viele Punkte geschafft hab, und dann fällt mir der Ball raus!

Immer noch besser als ein langweiliges Spiel, oder?

Genau. Ich hab schon auch langweilige. „Mega Man“ oder „Super Mario Bros. 1“ oder „Super Mario Bros. 2“.

Was langweilt dich daran?

Ach, bei „Super Mario“ braucht man so viele P-Flügel, um durch die achte Welt zu fliegen. Da komm ich nicht weiter, das ist zu schwer.

Wenn du's schaffst, gefällt's dir?

Dann ist es zu einfach. Es muß so gerade noch gehen. Aber kennst du „Mega Man“? Da gibt's so ein sauschweres Level mit vier Endgegnern, solchen Scheißtypen, das schaff' ich nie. Ich find's blöd, daß die da die Paßwörter nicht rausrücken, daß man da vielleicht doch noch aufs nächste Level kommt.

Aber Nintendo betreibt eigens eine Telefonnummer für solche Fälle.

Ja, bloß das sind Ferngespräche. Das darf ich nicht.

Was ist dein Lieblingsspiel?

„Mario und Joshi“. Da schaff ich viele, viele Joshis. Einmal hab ich gegen Papa gespielt, den hab ich vielleicht fertiggemacht.

Das ist besser als Fernsehen,

oder?

Klar, besser als zugucken.

Bestimmt willst du mal Spieleprogrammierer werden.

Was ich werden will? Wenn du das wüßtest!

Sag's halt einfach.

Straßenbahnfahrer.

Prima. Gar nix mit Computer?

Nee, überhaupt nicht. Ich will jetzt nur noch einen Super Nintendo für die richtig guten Spiele, aber mein Papa sagt, den krieg ich nicht, der will mir lieber einen PC kaufen.

Ist das nicht ein gutes Angebot?

Ja, das ist ein wirklich gutes Angebot, aber ein Super Nintendo ist mir lieber.

Mit dem PC kannst du auch spielen.

Schon, aber da sind so viele Knöpfe, da kenn ich mich nicht aus.

Wie finden denn deine Lehrer die Spielerei?

Die interessieren sich da gar nicht für. Wenn die wenigstens die Geräte hätten, dann könnten wir ihnen Tips geben.

Was machst du eigentlich nach der Schule, wenn du nicht spielst?

Da geh ich zu Freunden, oder ich bastle. Ich hab mir zum Beispiel eine Trickbox gebaut und eine Ampel. Und ein Uhrwerk hab ich mir selber gekauft, das Ziffernblatt dazu hab ich mir gebastelt. Ach ja, und Legospielen! Da bau ich Weltraumstationen, oder auch mal einen „Mega Man“, der schießen kann mit 'ner Legokanone. Und dann hab ich noch eine Steinesammlung, mit lauter so Kristallen und Rosenquarz, die kauf ich mir auch auf dem Flohmarkt, die interessieren mich so.

Was heißt interessieren? Schmökerst du da in Büchern?

Ja. Sonst lese ich ja nur lustige Sachen, aber über Steine hab ich ein Buch. Die Steine, die sind mir das Wichtigste. Meine Steinesammlung, die ist mir wichtiger als mein Nintendo. Komm mal mit in mein Zimmer, die muß ich dir zeigen. Fragen: Manfred Dworschak