Meisner gegen Brücken

■ Wirtschaftssenator will beim Ausbau der Wasserstraßen auf Brückenanhebung verzichten / Gelder in Nordanbindung

Es war eine Dampferfahrt vor zwei Tagen, die Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) offenkundig nachdenklich stimmte. Angesichts der zahlreichen Brücken, die auf der Informationsfahrt zum Projekt 17 im Bundesverkehrswegeplan passiert wurden, sei er „doch stark ins Grübeln“ gekommen, wie Meisner gestern im Roten Rathaus bekundete. Schließlich müßten für die reibungslose Durchfahrt der Containerschiffe allein im Teltowkanal 18 Brücken auf eine Höhe von 5,25 angehoben werden.

Nach einer von Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) in Auftrag gegebenen Studie werden im Jahr 2010 von 21 Millionen Tonnen Güter, die über Wasser von und nach Berlin verschifft werden sollen, nur rund 0,5 Millionen auf die Containerkähne entfallen. Aufgrund dieser Prognose fragte sich Meisner, ob die Gelder für das Projekt 17 nicht an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden könnten. Statt in die Brückenanhebung zu investieren, sollte Berlin zunächst an die Nordumfahrung Richtung Stettin angeschlossen werden. Mit diesem Vorschlag sprach sich der Wirtschaftssenator gestern indirekt für einen begrenzten Ausbau der Berliner Wasserstraßen im Rahmen des Projekts 17 aus. Das Mega-Projekt – geschätzte Kosten rund vier Milliarden – sieht vor, daß in Zukunft zwischen Berlin und Hannover Schiffe mit 110 Meter Länge und Schubverbände bis 185 Meter fahren können. Trotz der Kritik am Brückenbau blieb Meisner jedoch im Grundsatz bei der Unterstützung für das Projekt 17. Notwendig sei es, die untere Havel zwischen Berlin und Brandenburg von durchschnittlich 3,50 auf vier Meter zu vertiefen. Auch die von Umweltschützern heftig kritisierte Verbreiterung der Wasserstraßen, besonders in den Kurven, sei „derart minimal“, daß sie hingenommen werden könnte. Berlin, so Meisner, sei angesichts der zu erwartenden Bautätigkeit auf den Ausbau der Wasserstraßen dringend angewiesen. Der Transport von Baustoffen, Erdschutt und anderen Massengütern wie Kohle und Erze sei zudem „ökologisch sinnvoll“.

Enttäuscht über Meisners Äußerungen zeigte sich gestern der umweltpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Grüne, Hartwig Berger. Mit seiner Einschränkung gegenüber der Brückenanhebung betreibe er lediglich „Leisetreterei“, anstatt sich „klipp und klar gegen das gesamte Projekt auszusprechen“. Berger kritisierte, daß sich Meisner nicht eindeutig gegen die Planungen am Britzer Hafen ausgesprochen habe. Kritik erntete Meisner auch von den Gewerkschaften. Der stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Horst Jäckel nannte den Ausbau der Wasserstraßen „ökonomisch sinnlos und ökologisch verheerend“. Seit Jahren befinde sich die Binnenschiffahrt in einer Krise. Für die vorhandene Tonnage reichten die derzeitigen Wasserstraßen aus. Beispielhaft nannte Jäckel hierfür Brandenburgs Wasserstraßen, die nur zu 30 Prozent ausgelastet seien. Severin Weiland