■ Wir lassen lesen
: Sauregurkenzeit

Beim Fußball unterscheidet die Fans nichts so sehr voneinander wie die Bereitschaft, „auswärts zu fahren“. Denn eigentlich bedeutet eine solche Auswärtsfahrt nichts als reinen Streß, und das nicht nur, weil man viel Zeit und Geld investiert, um die eigenen Gurken dann doch wieder verlieren zu sehen. Nach stundenlanger Anreise findet man sich zwar häufig in der gewünschten Stadt wieder, allerdings scheint kein Einheimischer den Weg zum Stadion zu wissen, vermutlich, weil alle potentiellen Wegweiser schon lange dort versammelt sind. Bevor sich die Parkplatzsuche erledigt hat, liegt der eigene Verein schon unrettbar hinten, was natürlich so nicht passiert wäre, wenn man rechtzeitig zum Anpfiff... Im weiten Rund selbst versuchen die Ureinwohner dann, den ahnungslosen Auswärtigen mittels fieser Wurst und ekligen Gesöffen gesundheitlich zu ruinieren.

„1.000 Tips für Auswärtsspiele“ hat 70 Stadien umfassend getestet, damit der Fußballverrückte weiß, was ihn erwartet. Die Frage: „Wie kommt man hin?“ wird für Bahnreisende ebenso beantwortet wie für den gestreßten Autofahrer, der obendrein noch Parktips bekommt. Die Atmosphäre in den einzelnen Spielstätten mit kritischer Würdigung der Sprecher fehlt nicht, obendrein erfährt man auch noch, in welchem Block man für sein Eintrittsgeld sogar Fußball gucken kann und wo nur ab bestimmter Körpergröße.

Aber das Spiel an sich ist ja nicht alles. Mancherorts hat man sogar eingesehen, daß der Fußballfan sich nicht ausschließlich von fettiger Bratwurst und „spaßfreiem“ Bier ernährt. Auf Crêpes kann man sich in Hannover freuen, andernorts verwöhnt man mit Krabbenbrötchen (Mannheim), Pizza (Schalke), Bratkartoffeln (HSV), Kuchen (Oberhausen) und sauren Gurken (Hertha BSC). Aber auch die klar in der Abstiegszone auzusiedelnden Kölner Würstchen verschweigen die Verfasser nicht.

Darüber hinaus wissen sie, wo die Fernseher stehen und wo man billig übernachten kann, wo die Eintrittskarten auch gleichzeitig zur freien Fahrt mit dem öffentlichen Verkehrsmittel berechtigen, an welche Stadionzeitung man sein Geld einfach nur verschwenden würde und wo im Falle von „Ausverkauft“ die Schwarzhändler stehen.

Dabei haben sie sich nicht nur auf die Profivereine konzentriert, sondern auch, wohl in Erwartung besserer Zeiten, unter anderem die Spielstätten von Erkenschwick, Oberhausen, dem FC Berlin und Reutlingen besucht, so daß ab jetzt faule Ausreden, egal in welcher Spielklasse, einfach nicht mehr ernst genommen werden können. Elke Wittich

Müller-Möhring, Imgrund, Cremer: „1.000 Tips für Auswärtsspiele“. Klartext Verlag, Essen. 224 Seiten, 19,80 DM