Treffen in Sotschi

■ Georgisch-abchasisches Friedensabkommen fertiggestellt

Moskau (taz) – Die grundsätzliche Bereitschaft der Kriegsparteien in Abchasien, einen Waffenstillstand zu schließen, liegt nun endgültig vor. Das Parlament der kleinen Schwarzmeerrepublik Abchasien, die sich von Georgien trennen möchte, stimmte vorgestern für die Unterzeichnung eines Friedensabkommens. Das Parlament hatte sich nach Beginn der Kriegshandlungen vor einem Jahr in die Stadt Gudauta im Norden des Landes in der Nähe der russischen Grenze zurückgezogen. In den letzten Wochen hatte der stellvertretende russische Außenminister Boris Pastuchow eine aktive Vermittlerrolle übernommen.

Allerdings soll die russische Seite Georgien erheblich unter Druck gesetzt haben, die Bedingungen des Abkommens zu akzeptieren. Ansonsten, hieß es, könne Rußland keine Garantien für den Verbleib der Hauptstadt Abchasiens, Suchumi, unter georgischer Kontrolle übernehmen. Georgische Truppen wurden bis auf Suchumi aus dem gesamten Gebiet Abchasien vertrieben.

Noch gestern sollte das Abkommen im russischen Schwarzmeerkurort Sotschi unterschrieben werden. Womöglich ist Rußlands Außenminister Kozyrew aus diesem Grunde nach Sotschi gereist. Für Georgien sollte Parlamentspräsident Goguadse, für Abchasien der Parlamentsvizepräsident Dschindscholia unterzeichnen. Das Abkommen sieht den offiziellen Rückzug der georgischen Truppen aus Abchasien vor. Trotz der Friedensbekundungen gingen die Kämpfe weiter. Das Oberkommando der Abchasen teilte mit, Einheiten hätten georgische Stellungen nahe Suchumi angegriffen.

Am Wochenende war es zu scharfen Auseinandersetzungen im Parlament in Tbilissi gekommen. Danach erklärte der georgische Staatschef Schewardnadse ausdrücklich, er treffe die Entscheidung für den Waffenstillstand in eigener Verantwortung.

Schewardnadse hat sich weit vorgewagt. Ist dem Friedensbemühen kein Erfolg beschieden, wird er innenpolitisch in arge Bedrängnis geraten, zumal das Abkommen durch russischen Druck zustandekam. Der Vorwurf könnte wieder aufgewärmt werden, Schewardnadse verhalte sich gegenüber Rußland allzu willfährig. Diese Meinung beschränkt sich nicht auf die explizit nationalistische Rechte, auch liberale Politiker hegen diese Bedenken.

Ein heikler Punkt, der bis gestern nicht geklärt werden konnte, bleibt die Forderung Georgiens, die von ihr eingesetzte Regierung in Suchumi müsse im Amt bleiben. Die Separatisten ihrererseits verlangten, alle politischen Institutionen von Gudauta wieder in die Hauptstadt zurückverlegen zu können. In einer Fernsehansprache erklärte Schewardnadse: „Einige Punkte des Plans sind für uns heute nicht günstig. Aber in die Zukunft gedacht: Wenn wir Georgien retten wollen, dann sind wir mit dem Abkommen auf dem rechten Weg.“ Unter allen Umständen soll Abchasien ein Teil Georgiens bleiben. Wie die politischen Beziehungen zwischen Suchumi und Tbilissi letztlich aussehen könnten, bleibt bisher ein Geheimnis. Klaus-Helge Donath