: Artikel 16 GG: Das Nähere regelt der Flugplan
■ Die Grenzschützer am Frankfurter Flughafen diktieren bei Eilklagen abgelehnter Asylbewerber dem Bundesverfassungsgericht die Termine
Frankfurt/Main (taz/AFP) – In einem Interview mit der taz hat der Rechtsanwalt Roman Fränkel aus Frankfurt am Main dem Bundesgrenzschutz (BSG) vorgeworfen, das Verfassungsgericht in Karlsruhe unter Zeitdruck zu setzen. Fränkel vertritt mehrere Flüchtlinge, die dem sogenannten Flughafenverfahren unterworfen wurden, und hat für diese beim Bundesverfassungsgericht Eilanträge gegen deren Ablehnungsbescheide vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) eingereicht. Bei Eilklagen abgelehnter Asylbewerber, so Fränkel, bestimme nämlich der BGS die Fristen, in denen die höchsten deutschen RichterInnen die Ablehnungsbescheide der Verwaltungsrichter und des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – Abteilung Rhein-Main- Flughafen – auf Antrag der Flüchtlinge zu überprüfen hätten.
Die Grenzschützer, so Fränkels Kritik, richten sich bei ihren Zeitvorgaben an das höchste Gericht ausschließlich nach dem Flugplan des Rhein-Main-Flughafens. Trotz der Eilanträge an das BVG würde der BGS seine Vorbereitungen für die Abschiebung abgelehnter AsylbewerberInnen in ihre Herkunftsländer nicht unterbrechen. Fränkel: „Für den BGS haben die Eilanträge auf einstweilige Anordnung vor dem BVG keine aufschiebende Wirkung.“
Das sieht offenbar auch das BVG selbst so: Verfassungsbeschwerden gegen eine drohende Abschiebung hätten keine aufschiebende Wirkung, sagte gestern ein Gerichtssprecher in Karlsruhe, der auch die Darstellung des Rechtsanwalts Fränkel bestätigte. BVG-Präsidialrat Gotthard Wöhrmann wies allerdings darauf hin, daß es bislang immer möglich gewesen sei, mit dem BGS zu sprechen und „zumeist wenige Stunden vor der Abschiebung“ der AsylbewerberInnen eine Fristverlängerung von bis zu zwei Tagen zu erreichen. Sollte das Gericht aber „mit Klagen totgeworfen“ werden, reichten auch diese Fristen für eine ordentliche Entscheidungsfindung nicht mehr aus. Entscheidungen müßten dann „formularmäßig“ getroffen werden. Und bei einer Fristüberschreitung durch das BVG, so die Befürchtungen von Rechtsanwalt Fränkel, werde der BGS zügig abschieben – auch ohne verfassungsrichterlichen Segen.
Gestern erlaubte das BVG einem weiteren Flüchtling aus dem „Flughafenverfahren“ die Einreise in die Bundesrepublik. Es war dies der vierte Asylbewerber, der mit einer Eilklage seine Abschiebung verhindern konnte. Das BVG stützte sich bei dieser Entscheidung auf einen Bericht des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge, dem zufolge nach Togo abgeschobenen Menschen dort Gefahr für Leib und Leben drohe. Nach der bislang gültigen Liste der Bundesregierung, in der festgelegt ist, in welchen Ländern keine generelle politische Verfolgung herrsche, ist Togo dagegen ein „sicheres Herkunftsland“. kpk
Interview Seite 4
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