Kein Umstieg von der Straße auf die Schiene

■ HVV-Geschäftsbilanz zeigt auf: Der Zug steht still, die Miesen werden mehr

Rosarote Zeiten oder ein Zug nach Nirgendwo? Laut Hamburger Verkehrsverbund (HVV) befinden sich Busse und Bahnen im Aufwind. Seine Jubel-Bilanz des vergangenen Jahres: mehr Einnahmen, mehr Service, mehr Fahrgäste. Doch der genaue Blick auf die Fakten zeigt: Der öffentliche Nahverkehr stagniert, vom großen Umstieg von der Straße auf die Schiene kann nicht die Rede sein. Und der HVV fährt weiter in die Miesen.

Zwar steigerte der HVV seine Einnahmen im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, doch galoppieren die Kosten (1992: + 11,4 Prozent) dem Unternehmen davon. Die Folge: der Kostendeckungsgrad sank 1992 mit 56,2 Prozent (1991: 61 Prozent) erstmals unter die Sechzig-Prozent-Marke.

Die Zahl der Fahrgäste wuchs im vergangenen Jahr zwar um 1,9 Prozent, doch das ist in der wachsenden Stadt Hamburg kaum der Rede wert. Gerade die BerufspendlerInnen aus dem Umland erreicht das HVV-Angebot kaum. Der Anteil der PendlerInnen, die mit dem ÖPNVzur Arbeit fahren, sinkt. Ein Grund: Das 1989 beschlossene „Park and Ride“-Programm kommt nicht voran. 1992 wurden nur 370 P+R-Stellplätze fertig.

Fortschritte macht hingegen das Großkundenabo. Anderthalb Jahre nach seiner Einführung nutzen bereits 55 Firmen mit rund 50.000 Beschäftigten das Angebot. Viele Firmen beteiligen sich dabei mit 20 Mark an den Fahrtkosten ihrer ArbeitnehmerInnen. Unverständlich: Die Hansestadt zieht nicht mit, die öffentlich Bediensteten kommen nicht in den Genuß der Arbeitgeberzuschüsse, die den Umstieg auf die Schiene fördern sollen. Noch auf sich warten läßt das Semesterticket, mit dem alle Studierenden für rund 180 Mark pro Halbjahr die HVV-Verkehrsmittel nutzen können. Es wird frühestens zum Herbst 1994 eingeführt.

Zwei neue Buslinien, Busbe-schleunigungs-Maßnahmen und kürzere Bahn-Zeittakte in den Außenbezirken nach 23 Uhr heißen die wesentlichen Leistungsverbesserungen des HVV. Die Perspektiven aber sind düster. So prognostiziert der HVV-Geschäftsbericht, daß „es vor dem Hintergrund enger werdender finanzieller Rahmenbedingungen auch dazu kommen kann, daß schlecht genutzte Leistungen aufgegeben werden“. mac