Bombenterror in Italien

■ In Mailand und Rom fanden nahezu gleichzeitig drei Attentate statt

Rom (taz) – Neue Attentatsserie in Italien: In Mailand tötete eine Autobombe kurz vor Mitternacht drei Feuerwehrleute, einen Stadtpolizisten und einen auf einer nahen Bank nächtigenden Afrikaner, in Rom wurden bei zwei weiteren Anschlägen wenige Minuten danach zwei Dutzend Personen teilweise schwer verletzt. In Mailand war der Sprengsatz nahe dem ehemaligen Königspalais hochgegangen, in Rom direkt neben der Lateransbasilika bzw. an der Kirche San Giorgio an der Via Velabro. Die materiellen Schäden sind enorm, kein Fenster blieb ganz, zwischen der Lateranskirche und dem Palazzo des Vikariats gähnt ein drei Meter tiefes Loch, mehrere Fresken an der Außenwand wurden teilweise zerstört.

In Mailand hatte ein anonymer Anruf bei der Polizei auf ein Auto aufmerksam gemacht, aus dessen Kofferraum Rauch quoll. Bei der Öffnung des Wagens bemerkten Feuerwehrleute Kabel und den Sprengkörper – der jedoch wenige Sekunden danach schon explodierte. Unklar ist, ob der Anruf von einem zufälligen Passanten kam, oder ob damit Polizisten an den Ort gelockt und dem Attentat ausgesetzt werden sollten.

Am Morgen hatte ein Anrufer bei der Nachrichtenagentur ANSA den Anschlag für die „Falange armata“ reklamiert, eine Gruppe, die sich auch regelmäßig nach anderen großen Anschlägen gemeldet und sich auch zu Morden an Homosexuellen und afrikanischen Zuwanderern bekannt hat.

Da diese Bekenntnisse aber stets erst einliefen, als die Aktionen bereits über die Medien in Einzelheiten bekannt gewesen waren, schenkten die Ermittler dem Anruf wenig Glauben.

So herrscht denn bei den Ermittlern nicht wenig Verwirrung: die Stoßrichtung der Anschläge gegen feine Monumente und Tourismusattraktionen trifft in der Tat einen der letzten Identifikationsbereiche der Italiener. Gerade in einer Zeit, in der die anderen Werte sich im Totalverfall befinden, sind die Denkmäler des Altertums eines der wenigen sichtbaren Zeichen der Beständigkeit – und gleichzeitig auch einer der wenigen Wirtschaftsbereiche, die trotz mancher Einbußen sich als relativ krisensicher erwiesen. Während in Mailand 15.000 Menschen gegen die Anschläge demonstrierten, vermutet die Regierung, daß es den Attentätern vor allem darum geht, den rapiden Wandel im Land zu stoppen. Werner Raith