Der Dresdner Fensterstreit

■ RTL und Sat.1 wollen nicht für Regionalprogramme zahlen

Dresden (taz ) – Nach langem Hin und Her ist nun in Leipzig die „Sächsische Fernsehen GmbH & Co. KG“ gegründet worden. Sie wird als große Mantelgesellschaft für die bald öffnenden regionalen Fernsehfenster in Sachsen fungieren. Gründungsgesellschafter sind vier mittelständische Film- und Produktionsgesellschaften.

Doch trotz dieses Fortschritts ist nicht gesichert, daß sich, wie geplant, im September die ersten TV- Regionalfenster in Leipzig, Dresden und Chemnitz öffnen werden. Ganz unwahrscheinlich erscheint dies auf den beiden stärksten Frequenzketten des Freistaates. Denn bislang hat nur Vox seinen Lizenzbescheid anerkannt und ist seit Anfang Juli in Sachsen on air. Sat.1 und RTL weigern sich, die mit dem Lizenzbescheid der Sächsischen Landesmedienanstalt verbundene Auflage anzuerkennen, die jeweils 30minütigen Lokalfenster zu finanzieren.

Die notwendigen 17 Millionen Mark im Jahr sollen aus einem Topf kommen, der durch Sat.1, RTL, Vox und etwaigen Werbeeinnahmen gefüllt wird. Sat.1 müßte mit jährlich 8,1 Millionen Mark den größten Anteil beisteuern – der Sender verfügt auch über die reichweitenstärkste Frequenz.

„Zu teuer“, sagte Sat.1 dennoch und legte bereits Anfang Juni Widerspruch ein. RTL hat auch Bedenken und will das Gespräch mit dem sächsischen Landesmediendirektor Detlev Kühn suchen. RTL- Sprecher Thomas Kreyes zur Begründung: „Wir sehen die Gefahr, daß die jetzige Finanzkonstruktion mit den Lokalfenstern nach einem dreiviertel Jahr zusammenbricht.“ RTL fordert eine Nachbesserung des Finanzkonzepts.

Und warum hat Vox den Bescheid anerkannt? „Wir benötigen jede Frequenz, um technische Reichweite zu erzielen“, begründet dies Vox-Sprecher Uwe Krink. „Wir haben keine Riesenkröte geschluckt.“ In der Tat. Mit 900.000 Mark liegt der Vox-Anteil am gemeinsamen Finanztopf weit unter dem von Sat.1 und RTL.

Landesmediendirektor Detlef Kühn appelliert seit zwei Monaten in fast jeder Erklärung seiner Anstalt an Sat.1 und RTL, ihre Lizenzbescheide endlich anzuerkennen: „Die Herren spielen auf Zeit.“ Gesprochen habe mit ihm noch niemand. „Die Begründungen der Widersprüche lese ich in der Zeitung“, so Kühn gegenüber der taz. Sollten jedoch Sat.1 und RTL ihre Bescheide letztlich nicht anerkennen, „müssen wir uns was Neues einfallen lassen“, räumt er ein.

Um dem „wenig zuschauerfreundlichen Gerangel zwischen Medienfürsten und Fernsehmogulen“ (Leipziger Volkszeitung) zu entfliehen, bleibt da wohl auch den letzten Antennenfans im ehemaligen Tal der Ahnungslosen nur eines übrig: der Schüsselkauf. Da mehr als 60 Prozent der sächsischen Haushalte schon jetzt per Schüssel empfangen, drängt sich die Frage auf, wer dann noch in die Lokalfenster guckt. Frank Sturm