■ Das Portrait
: Morihiro Hosokawa

„Der Fürst von Kumamoto ist der Fürst von Japan geworden“, freute sich gestern eine Bürgerin der alten Stadt Kumamoto auf der japanischen Südinsel Kyushu. Dort hatten sich schon im letzten Jahrhundert die Fürsten zusammengeschlossen, um schließlich den Shogun in Tokio zu stürzen und Japan in die Moderne zu führen. Diesen Ereignissen verdankt Morihiro Hosokawa, Japans zukünftiger Regierungschef, noch heute seine geradezu mythische Anziehungskraft.

Tatsächlich stammt Hosokawa, 55, väterlicherseits direkt von einer der berühmten Fürstenfamilien ab. Aristokratisches Gehabe hat sich der Nachkömmling bewahrt: Er spricht äußerst gewählt und behandelt seine Mitarbeiter wie Diener. Sein politisches Geschick aber verbindet Hosokawa mit der Familie mütterlicherseits. Er ist der Enkel des berüchtigten Kriegspremiers Fumimaro Konoe. Als Angeklagter bei den Kriegsverbrecherprozessen nach dem Zweiten Weltkrieg nahm sich der Großvater das Leben, ohne zuvor seine Taten zu rechtfertigen – Hosokawa will nun das nachholen, was die ganze Welt von Japan verlangt: sich zur japanischen Kriegsschuld bekennen. Ob der Kriegsverbrecherenkel auch die bisher nicht entschädigten Opfer versorgt, hat er nicht gesagt.

Japans neuer Regierungschef Foto: rtr

Hosokawa war Zeit seines Lebens ein Konservativer. In den 70er Jahren gehörte er der Fraktion des korruptesten aller bisherigen japanischen Premiers, Kakuei Tanaka, an. Erst in der 80ern entwickelte Hosokawa als Gouverneur seiner Heimatpräfektur einen eigenen politischen Stil, unpolemisch, unternehmensfreundlich, medienorientiert. Sein Erfolg bewegte ihn 1992 zum Ausstieg aus der Regierungspartei und zur Gründung der „Neuen Partei Japans“ (NPJ). Die NPJ hatte trotz ihres vagen Programms auf Anhieb Erfolg: Schon 2 Monate nach ihrer Gründung gewann sie bei den Wahlen zum Oberhaus 8 Prozent der Stimmen. Diese Erfolge konnte Hosokawa bei der Kommunalwahl in Tokio und schließlich bei den Wahlen zum Unterhaus wiederholen. Die NPJ ist damit die einzig wirklich neue Partei in der künftigen Regierung. „Wenn alle Parteien sagen, daß ich kandidieren soll, ist das ein Himmelsbefehl“, sagte Hosokawa gestern. So ist er eben: Im Zweifelsfall fühlt sich der Fürstennachkomme vom Himmel gerufen, nicht vom Volk. Georg Blume