Verfassungsgericht und Kanther winken ab

■ Kein Drang zu neuer Asylgesetzänderung

Berlin (dpa/taz) – Was er versprach, der Asylkompromiß, das hat er nicht gehalten. Seit am 1. Juli dieses Jahres die neuen Gesetze in Kraft getreten sind, haben sich 14 Flüchtlinge nach Ablehnung ihrer Asylanträge an das Bundesverfassungsgericht (BVG) gewandt. Bisher sind insgesamt zwölf Eilentscheidungen ergangen, viermal wurde den Antragstellern ein vorläufiges Recht zugebilligt: ein Inder, zwei Ghanesen und ein Mann aus Togo durften den Transitbereich des Frankfurter Flughafens verlassen und die Bundesrepublik für zunächst vier Wochen betreten.

Zur von manchen Medien beklagten Mehrarbeit des Gerichts sagte der Sprecher des zuständigen Zweiten Senats, Gerhard Wöhrmann, auf Anfrage der taz: „Im Moment sieht es ruhig aus, aber Prognosen sind noch nicht zu machen.“ Auch Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) äußerte sich beschwichtigend. „Ein Dutzend Entscheidungen sind noch keine Welle“, sie gäben keinen Anlaß, in den Ruf nach einer weiteren Änderung der Asylgesetze einzustimmen. Frühestens „in ein bis zwei Monaten“ sei ein fundierteres Urteil über eventuelle Änderungen möglich. Im Unterschied zu seinem Amtsvorgänger Seiters und CSU-Chef Waigel wollte er auch nicht dafür plädieren, das eingeschränkte Individualrecht auf Asyl durch lediglich eine institutionelle Garantie zu ersetzen.

Als Reaktion auf die neuesten Entscheidungen sagte ein Sprecher der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl, daß er die im Bonner Asylkompromiß festgelegten Kriterien der sicheren Drittstaaten und Herkunftsländer für verfassungswidrig halte.

Eine endgültige Entscheidung darüber wird das BVG frühestens in vier Wochen treffen, wenn sämtliche Senatsmitglieder aus den Ferien zurückgekehrt sind. Dann wird über die Verfassungsbeschwerden der Asylbewerber in der Sache befunden und die Vereinbarkeit der neuen Gesetze mit dem Grundgesetz überprüft werden. ja