■ Mit Kokskohle auf du und du
: Wenig Kohle für Koks

Berlin (taz) – Der Ruhrkohle AG geht's schlecht. Und seit einigen Wochen geht es ihr noch schlechter. Der Grund dafür ist ein Spruch des Schiedsgerichts, das den sogenannten Hüttenvertrag für die im Vergleich stehenden Klöckner-Werke zum Teil außer Kraft setzt. Klöckner darf in Abweichung vom dort festgeschriebenen „Gesamtbedarfsdeckungsprinzip“ seit Anfang Juli 30 Prozent seines Koksbedarfs auf dem Weltmarkt einkaufen – und da gibt es die verschwelte Kohle wesentlich billiger. Jetzt wollen auch die anderen großen Stahlkonzerne Thyssen und Krupp/ Hoesch nicht mehr ihren gesamten Koksbedarf bei der Ruhrkohle AG kaufen müssen, wie es eigentlich bis zum Ende vom Jahr 2000 vereinbart ist. Gestern standen sie in Düsseldorf auf der Matte, um über die Zukunft des Hüttenvertrags zu beraten. In dem Kontrakt ist nämlich festgeschrieben, daß alle deutschen Stahlkonzerne gleich zu behandeln sind. Die Ruhrkohle aber will die schriftliche Begründung des Schiedsgerichts abwarten.

In der Verlängerung der 1988 ausgelaufenen Kokskohlenbeihilfe wurde vereinbart, daß die deutschen Stahlhütten die Kostendifferenz zwischen der deutschen Steinkohle und Weltmarktpreisen vom Bund und den Kohleländern Saarland und Nordrhein-Westfalen ersetzt bekommen. 4,1 Milliarden DM kostete das 1989 immerhin die SteuerzahlerInnen. Der Wunsch der Stahlgiganten nach Ausstieg aus dem Vertrag erklärt sich daraus, daß es Kohle und Koks auch zu Dumpingpreisen gibt, die weit unter Weltmarktniveau liegen. Eine Tonne Koks bei der Ruhrkohle kosten 268 DM, der Weltmarktpreis liegt bei 200 DM.

Aber auch schon vor der Klöcknerentscheidung sah es schlecht für die deutschen Kokereien aus. Während nämlich die Stahlkonzerne noch im Frühjahr 1992 angekündigt hatten, daß sie 1993 voraussichtlich gut 40 Millionen Tonnen Stahl produzieren wollten, so rechnen sie jetzt nur noch mit 32 Millionen Tonnen: 27 Prozent Koks weniger als im Vorjahr wurde in den ersten fünf Monaten für die Produktion gebraucht. In den nächsten beiden Jahren muß die Ruhrkohle, allerdings nicht nur im Koksbereich, 20.000 ArbeiterInnen nach Hause schicken. aje