piwik no script img

■ Das PortraitKönig Baudouin I.

Vom jüngsten König zum dienstältesten Monarchen Europas: Der am Samstag abend an Herzversagen gestorbene belgische König Baudouin I. war trotz dieser Rekorde Zeit seiner Regentschaft ein Alptraum für die Regenbogenpresse, weil er für die Klatschspalten nicht taugte. Nie lieferte er in den 42 Jahren seiner Amtszeit Skandale oder Affairen. Erst 1959 – acht Jahre nach seiner Thronbesteigung – machte er zum ersten Mal international von sich reden. Damals gab er die Entscheidung bekannt, Belgisch-Kongo (das heutigen Zaire) die Unabhängigkeit zu gewähren.

Zum letzten Mal sorgte er 1990 für Aufsehen, als er sich aus Gewissensgründen weigerte, einer Liberalisierung der Abtreibungsgesetze zuzustimmen. Verhindern wollte er dies freilich auch nicht. So trat er kurzerhand zurück, ließ das Parlament die Reform verabschieden und wurde nach eineinhalb Tagen wieder feierlich in sein Amt eingeführt.

Zum ersten Mal hatte der 1930 geborene Baudouin den Thron im Juli 1951 bestiegen. Er werde, so spekuliert die belgische Presse, als „einziger wahrer Belgier“ in die Geschichte eingehen, da er im Gegensatz zu den Flamen und Wallonen immer für die Einheit des Königreichs eintrat – wie einst sein Vorfahre Stellartoix, der Mervier, der über das einzige Volk herrschte, bei dem sich der Cartoon-Held Obelix wohlfühlte. In dem Band Asterix bei den Belgiern werden die Untertanen des Stellartoix als Menschen dargestellt, die ständig Bier trinken und bereits nach dem Aufstehen das Mittagessen zu sich nehmen. Als die Belgier aufgrund einer Wette mit den Galliern ein Römerlager verwüsten, fällt der römische Koch neben der Friteuse „wie ein Sack Kartoffeln“ in Ohnmacht. Dieses Ereignis inspirierte die Belgier zur Erfindung der Pommes frites – eine Kunst, in der sie noch heute ungeschlagen sind.

Der verstorbene belgische Monarch Foto: Reuter

Stellartoix' Nachfahre Baudouin starb auf seinem Landsitz in Motril im Süden Spaniens, wo er mit Königin Fabiola die Ferien verbrachte. Sein Leichnam wurde gestern einbalsamiert und nach Brüssel überführt. Da seine Ehe kinderlos blieb, ist der erster Anwärter auf den Thron der 59jährige Bruder Baudouins, Prinz Albert von Lüttich. Es wird jedoch damit gerechnet, daß er zugunsten seines 33jährigen Sohnes Philippe verzichtet. RaSo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen