Viel Aufwand um wenig

■ Eine kaufmännische Angestellte soll Callgirls vermittelt haben

Im Gerichtssaal 192 des Amtsgerichts am Sievekingplatz wird gegen Heidemarie W. verhandelt. Die 46jährige kaufmännische Angestellte ist angeklagt, als Betreiberin der Callgirlagentur 'Simone' sich der Zuhälterei schuldig gemacht zu haben. Die Angeklagte verweigert mit ruhiger und zurückhaltender Stimme jede Aussage. Für 200 Vermittlungen soll sie in eineinhalb Jahren insgesamt 23.000 Mark kassiert haben. Die Staatsanwaltschaft fordert die Einziehung dieses Geldes und eine Geldbuße in Höhe von 5000 Mark. Der Kriminalbeamte Andreas D. sagt über die Ermittlungen gegen die Agentur „Simone“: „Vom Elyseehotel aus habe ich eine Dame bei der Agentur bestellt.“ D. hat seine Wünsche am Telefon beschrieben und hätte für 350 Mark eine Stunde mit der bestellten Frau verbringen können. Doch da endeten seine Kompetenzen: Als die Dame kam, gab er ihr einen Korb und ließ sie verfolgen.

Später wurde die Wohnung von Heidemarie W. durchsucht, weil dort der Telefonanschluß war, den D. angewählt hatte. Gefunden wurden Abrechnungen und Vorlagen für Zeitungsanzeigen, aber keine Adressen von Prostituierten oder Freiern. Zwei als Zeugen geladeneFrauen verweigern ebenfalls die Aussage, um sich nicht selbst zu bezichtigen. Letzter Anhaltspunkt: Wertbriefe. Erstaunlich viele. Vermittlungsgebühren? Der befragte Postbeamte ist nicht gerade ein Zeuge der Anklage: „Wofür jemand Wertbriefe bekommt, interessiert uns nicht.“ Also kein schlüssiger Beweis. Dennoch verurteilt Richter Hübner sie zu einer Geldstrafe von 3600 Mark. Kleiner Trost für Heidemarie W.: Sie muß weniger zahlen, als die Staatsanwaltschaft an Geldbuße gefordert hatte. tos