Der neue Golfkrieg Von Mathias Bröckers

Heute geht der neue Golfkrieg, VW gegen Opel, in die nächste Runde: im VW-Werk hat sich zum Ende der Werksferien die Staatsanwaltschaft zwecks Vernehmung angekündigt. Hat er nun spioniert, der Einkaufschef López, oder hat er nicht.

Nach aktuellen Meinungsumfragen tendieren nur 6 Prozent der Bevölkerung zu einem „Nein“, die überwiegende Mehrheit traut dem kantigen Basken den Spionage-Coup zu. Kein Wunder: Wer in der Presse als „Kostenkiller“ und „der Gnadenlose“ porträtiert wird, der frißt im Zweifel auch kleine Kinder. Allemale ist ihm zuzutrauen, daß er ein paar Akten mitgehen läßt. Um was es bei diesen „Geheimunterlagen“, die López-Mitarbeiter gleich kistenweise abtransportiert haben sollen, eigentlich geht, scheint indessen bei diesem Spionage-Drama keine Rolle zu spielen. Ein neues Zukunftsprojekt von Opel, O-Car, soll López vor seinem Abgang ausgeschnüffelt haben. Was freilich an diesen Unterlagen so sensationell sein soll, bleibt rätselhaft. Das wird es wohl auch so lange bleiben, bis Opel sein neues Wunderauto präsentiert. Man muß kein Prophet sein, um zu prognostizieren, was herauskommen wird: nichts anderes als halt ein neuer Manta, Astra oder Kadett. Eine lächerliche, übermotorisierte, stinkende Benzinkiste – denn etwas anderes ist aus den Entwicklungsabteilungen der Autoindustrie noch nie herausgekommen. Da mögen sich die Techniker als „genial“ und „innovativ“ feiern, wie sie wollen – sie produzieren immer noch dieselben Motorkutschen wie im letzten Jahrhundert, der moderne Turbo-Schnickschnack, mit dem sie aufgemotzt werden, hat am Prinzip nichts geändert: nach wie vor verheizt das Auto fossile Brennstoffe und ist der Umweltfeind, Waldschädling und Städtezerstörer Nr.1.

Wenn der Chefeinkäufer eines Kokain-Barons zu einem anderen Clan überläuft, sind im bolivianischen Hochland schwere Schießereien zu erwarten. Zwischen den Auto-Clans GM und VW kommt es zwar nicht zu Handgreiflichkeiten, ansonsten aber gleicht sich dieser „Krieg“ aufs Haar. Es geht um die Verteidigung von Pfründen und Profiten im Geschäft mit der Droge Auto, und wie sich der PS-süchtige Pate Piäch gebärdet, könnte er künftig auch die Drogen-Produktion des Kali-Kartells durch harte Sanierung auf Vordermann bringen.

Worum es in diesem Krieg der Golf- und Manta-Clans geht, ist nicht eine Lösung des Auto-Problems. Daran sind die Kriegsparteien genausowenig interessiert wie ein Koks-Baron an Nüchternheit und Askese. Es geht darum, wer im Geschäft mit der Geschwindigkeits-Sucht künftig den größten Reibach macht. Bis heute haben es die innovativen Supertechniker der Autobranche nicht einmal für nötig gefunden, ihre Produkte mit vernünftigen Schlössern zu versehen – jedes Kind knackt die Wagen mit einem Dosenöffner – geschweige denn, daß ein CO2-neutrales, biologisch abbaubares Automobil auch nur in Sicht ist. Insofern mögen die Kisten mit Unterlagen, die die López-Krieger ausspioniert haben, vielleicht streng geheim sein. Was die Zukunft jenseits der Benzinkutsche angeht, sind sie wahrscheinlich nicht einmal das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind.