Operation gelungen, Patient tot

■ EWS-Spekulanten verlieren ihr Spielfeld

Berlin (dpa/taz) – Der Beschluß der EG-Finanzminister, das Europäische Währungssystem (EWS) formell zu retten, faktisch aber außer Kraft zu setzen, hat ein geteiltes Echo ausgelöst. Währungsexperten sprechen von einem Befreiungsschlag und weisen darauf hin, daß die Spekulationswellen gegen einige Währungen den Handlungsspielraum der Regierungen und Notenbanken eingeschränkt hätten. Die deutsche Bundesbank hat allein am Freitag 30 Milliarden Mark für Stützungskäufe des Franc aufgewendet, im Juli insgesamt waren es sogar 60 Milliarden Mark. In Frankfurter Devisenkreisen dagegen wurde vom „Tod des EWS“ gesprochen.

Die Entscheidung, nach der die Schwankungsbreiten der europäischen Währungen auf 15 Prozent erweitert werden, hat vor allem in Kreisen der deutschen Exportwirtschaft für Aufregung gesorgt. Denn noch am Montag stieg der Wert der D-Mark gegenüber fast allen anderen Währungen deutlich an. Der Sprecher des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Herbert Kriegbaum, sprach von einer „Entscheidung zur falschen Zeit“. Vor allem in Frankreich als wichtigstem Exportmarkt des Maschinenbaus würden die Geschäfte erheblich schwieriger. Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet mit erheblichen Problemen im Exportgeschäft.

Bundesfinanzminister Waigel und Bundesbankpräsident Schlesinger betonten jedoch, daß der Beschluß der Spekulation den Boden entziehe. Beide hoben hervor, daß die Entlastung der Bundesbank notwendig geworden sei, weil weitere Stützungskäufe die Stabilitätspolitik der Bundesbank praktisch aufgehoben hätten.

In Wirtschaftskreisen wurde darauf hingewiesen, daß die Bundesbank nun ohne Rücksicht auf die europäischen Nachbarn die Zinspolitik lockern könne. abe

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