„Hirnrissig“

■ Ein Briefträger, der auszog, Post wegzuwerfen   Von Andrew Ruch

Nur wenige Stunden blieb es verborgen, daß Postzusteller Dirk R. 500 Briefe in einen Baucontainer warf, anstatt sie auszutragen. Tags darauf war er bereits entlassen, gestern, anderthalb Jahre später, stand er vor Gericht und wurde zu 5000 Mark Geldstrafe verurteilt. Der heute 24jährige nahm es scheinbar gelassen: „Ich weiß, daß ich Scheiße gebaut habe“, sagte er zur Urteilsverkündung.

„Wir hatten morgens vor der Zustellung gesoffen“, berichtete R. Jeden Morgen ging's erst in den Imbiß und dann wurde ausgetragen. Problem für Dirk R. am Tag des Geschehens war leider, daß er seine Tour zum ersten Mal fuhr. „Mir ist das Fahrrad beim Abbocken umgefallen und dabei kam die ganze Post durcheinander. Die ist nämlich schon vorsortiert“, erklärte R. Als nun alles auf dem Boden lag, wußte er nicht mehr, was er machen sollte: „Kurzschlußhandlung“, beschrieb der Angeklagte seine Tat. Er nahm die rund 500 Briefe und Postkarten und warf sie einfach in einen zufällig danebenstehenden Baucontainer. Als der Briefträger zum Postamt Wandsbek zurückkehrte, hatten sich aber schon die ersten Kunden über fehlende Post beschwert: Dirk R. gestand gleich und wurde auch sofort vor die Tür gesetzt.

„Ist Ihnen denn im Nachherein klar, daß das eine hirnrissige Angelegenheit gewesen ist“, fragte Amtsrichter Henning Haage den Angeklagten. Er hätte doch wissen müssen, daß die Sache sofort „auffliegt“. Dirk R. kann sich das heute auch nicht mehr erklären, die Geschichte ist ihm unangenehm. Der 24jährige kam 1990 aus Dresden, ging erst nach Berlin, um dann in Hamburg Arbeit zu suchen.

Anscheinend konnte er hier nicht recht Fuß fassen. Schon 1990 wurde er wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt. „Haben Sie die schon bezahlt?“, fragte der Richter Dirk R. Der Angeklagte wußte es nicht mehr. Mit den Worten: „Ich hoffe, daß Sie Ihr Leben in den Griff kriegen“, entließ der Richter den Angeklagten. Mit anderen Worten: „Ich hoffe, daß wir uns hier nicht wiedersehen.“