Einwanderungsgesetz? Union schäumt

■ Kinkels Vorschlag stößt bei der Union auf kompromißlose Ablehnung / Hintze: „Falsches Signal zur falschen Zeit“

Bonn/München (dpa) –Harsche Kritik aus den Reihen der Union hat Außenminister Kinkels Forderung nach einem Einwanderungsgesetz provoziert. Während die SPD den Vorschlag begrüßte, CDU-Generalsekretär Hintze von einem „falschen Signal zur falschen Zeit“. Bayerns Ministerpräsident Stoiber (CSU) betonte, mit seiner Partei werde es kein Einwanderungsgesetz geben. Bereits am Vortag hatte Innenminister Kanther davor gewarnt, die Bevölkerung, die noch immer mit monatlich Zehntausenden Zuwanderern konfrontiert sei, mit einem Einwanderungsgesetz zu „ängstigen“. Der Vorschlag sei „geradezu töricht“.

Kinkel, der zur Zeit in Finnland Urlaub macht, verteidigte seinen Vorstoß, zeigte sich jedoch über die scharfe Kritik des Koalitionspartners verblüfft. Die Reaktionen seien ihm, „nicht ganz verständlich“. Dennoch fühlte sich der FDP-Vorsitzende zu einer Präzisierung genötigt: es gehe ihm nicht darum, „mehr Leute hereinzulassen“, sondern den zwangsläufigen Zustrom zu begrenzen. Im übrigen müsse abgewartet werden, wie sich die neue Asylregelung in der Praxis auswirke.

Dagegen erklärte CDU-Generalsekretär Hintze, es gebe „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen zwingenden Anlaß, eine die Bürger verunsichernde und beunruhigende Diskussion vom Zaun zu brechen“. Wer jetzt ein Einwanderungsgesetz fordere, erwecke den Eindruck, als solle ein weiteres „Tor für die Einwanderung“ aufgestoßen werden. In erster Linie, so der Pfarrer in Parteidiensten, müsse es jetzt darum gehen, die unkontrollierte, illegale Zuwanderung einzudämmen.

Stoiber erklärte, die Bundesrepublik als eines der dichtestbesiedelten Länder in Europa sei „nicht unbeschränkt aufnahme- und integrationsfähig“. Wer die Diskussion über Deutschland als Einwanderungsland wieder aufnehme, laufe angesichts hoher Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot Gefahr, erneut „Fremdenängstlichkeit“ hervorzurufen. Es gehe jedoch gerade darum „Fremdenängstlichkeit abzubauen „weil daraus leicht Fremdenfeindlichkeit werden kann“.

Kinkels Hinweis, daß die immer älter werdende Gesellschaft in Deutschland auch aus rentenpolitischen Gründen auf weitere Zuwanderung angewiesen sei, bezeichnete der CSU-Politiker als „Nachplappern von Sprechblasen“. Dieses Problem könne leicht durch eine längere Lebensarbeitszeit der Deutschan gelöst werden. Zudem könnten bei zeitweiligen Engpässen jederzeit Arbeitskräfte aus Osteuropa gewonnen werden.

Trotz solcher Vorgaben sprach sich der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz für eine ruhige und nüchterne Diskussion eines Einwanderungsgesetzes aus. Von der „rein defensiven, abwehrenden Haltung“ des Bundesinnenministers sei er enttäuscht. Auch für die SPD stehe fest, daß angesichts der Wohnungsnot und der Massenarbeitslosigkeit in Deutschland die momentane Zuwanderung von über 300.000 Menschen pro Jahr kurzfristig nicht erhöht werden dürfe. Doch werde die Bundesrepublik „möglicherweise in etwa 15 Jahren“ Einwanderer brauchen. Der SPD-Politiker schlug vor, eine Enquetekommission ins Leben zu rufen, die sich mit dem Migrationsproblem aus deutscher und europäischer Sicht befassen solle.

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