Flippers Ende

■ Horst-Günther Becker („...einfach lecker“), Schnellgastronom und Spielhallenbesitzer, über den Untergang der Unterhaltungsautomaten

hierhin bitte

den rundlichen

Männerkopf

Horst-Günther Becker

Mit einem kleinen Laden in Walle hat er dereinst angefangen; inzwischen besitzt Horst- Günther Becker in Bremen und umzu 90 Hochgeschwindigkeitsgaststätten, Kneipen und Spielhallen. Die taz besuchte ihn in Lilienthal und wollte wissen, was ihm gegen die Konkurrenz der Heimcomputerspiele einfällt.

Ist mit Videospielen noch Geld zu machen?

Horst-Günther Becker: Nee, auf gar keinen Fall. Für uns gibt‘s in Zukunft nur noch eins: Richtige Unterhaltungszentren, sehr groß, um die tausend Quadratmeter, wir nennen sie unter uns „Multi-Billardcafés“, also mit gepflegtem Bistro, mit Billard vor allem, mit Dart. Das wird unser Thema sein: Die Gestaltung der Freizeit in optimaler Form. Ganz klar.

Sie kehren also von den jaulenden, piependen Automaten wieder zu den Klassikern zurück?

Ja. Höchstens daß wir in eine Ecke noch ein paar Unterhalter stellen, einen Flipper oder so. Aber der sportliche Sektor wird zentral sein, die Kommunikation, das ist eindeutig der Trend.

Und niemand weint der Flipperära nach?

Sehen Sie, es ist immer schwieriger, überhaupt noch Geräte aufzustellen, die richtig supergut ankommen. Da hatten wir letztes Jahr den „Terminator“, aber das war's dann auch schon. So ein Ding kostet ja sechs- bis achttausend Mark, dazu der Unterhalt, und dann können Sie's an einem Standort maximal drei bis sechs Monate laufen lassen. Das Geld können sie so schnell gar nicht wieder einspielen.

Die meisten stehen doch länger.

Ja, aber dann können Sie den Umsatz vergessen, der fällt dann ab. Oft sind da am Monatsende nur hundert oder zweihundert Mark drin. Na gut, manchmal bleiben die stehen, auch wenn sie nicht viel bringen. Wir nennen sie „Dekorationsgeräte“.

Damit man außer Geldspielmaschinchen auch noch was anderes sieht?

Ja. Die Geldspieler machen natürlich nach wie vor den größten Teil des Umsatzes aus. Aber auch das ist schwierig geworden. Vor sechs Wochen erst hat die „Spielpalast“-Kette Konkurs angemeldet. Sie müssen wissen, daß wir mittlerweile 37,5 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen. Vor anderthalb Jahren waren das noch 21 Prozent. Das ist kaum mehr zu verkraften.

Macht sich nicht auch unter dem spielenden Publikum langsam Überdruß breit?

Ja, man will nicht mehr einsam am Gerät stehen, man will Gesellschaft haben und sich sportlich mit andern messen können. Ganz klar. Billard, das ist Sport, nicht wahr. Das andere, das Geldspielen, die Flipper, die Videoapparate zum Schießen und so, das ist ja ein wenig in Verruf gekommen. Zu Unrecht, wie wir meinen, aber doch.

Bestimmt geben die Automatenhersteller da nicht einfach klein bei.

Ja, da tut sich schon was. Aber der Trend geht da eher zu den Erlebnisparks, zu Rundumkinos und solchen Sachen. Das kann nicht unser Ding sein.

Auch nicht denkbare Supervideokisten, wo man zu vieren gleichzeitig Autorennen simulieren kann?

Da gibt es einfach nichts. So richtig aufregende Neuerungen sind nicht in Sicht. Und wenn, dann sind es ja doch nur Kisten. Nein, was der Mensch heute will, ist die Kommunikation. Denn Sie wissen selber, die Vereinsamung ist das Problem.

Wo kommen eigentlich die ausrangierten Geräte hin?

Bis jetzt konnten wir die zum Teil noch an die Hersteller zurückgeben; das wird jetzt schwieriger, weil man die ja alle auseinanderbauen muß. Wir werden die in Zukunft für teures Geld entsorgen lassen müssen.

Verkaufen Sie sie doch an Liebhaber.

Das sehen wir eher negativ. Wenn da einer kommt, den ich kenne, und er will das für die Kellerbar: kein Problem. Aber sonst verzichtet man lieber auf die 250 Mark, die's vielleicht noch bringt, weil man weiß nicht, an wen das Gerät geht. Wir haben ja in unserem Bereich durchaus eine gewisse Unterwelt. Daran, daß die dann zuhause für billiges Geld trainieren können, wie man die Geldröhren knackt, haben wir natürlich kein Interesse.

Geschieht das in einem Ausmaß, das Ihnen weh tut?

Naja, es ist ärgerlich. Die können so ein Ding schon leer machen, zum Beispiel gibt es da so eine Stange mit Scharnier dran, mit der kommen die irgendwie rein, und dann können sie mit einem Stromstoß das Gerät knacken, und dann fällt alles Geld raus. Die Falschmünzen allerdings spielen keine Rolle mehr. Die Münzprüfgeräte wiegen ja heute schon bis auf sechs Stellen nach dem Komma genau.

Und die Tüftler und Systemknacker?

Ach, die Mathematik von so einem Gerät, die füllt heute ein dickes Buch. Bis man das durch hat, kann man mit anderen Methoden mehr Geld machen. Wenn's doch mal einer probiert, wird eben der Chip geändert. Es kommt aber schon auch noch vor, daß die Geräte bescheuert gebaut sind. Mal hatten wir eins, da war der Schließhebel zu kurz. Das hätte man schon fast mit dem Kamm aufmachen können. Auch sowas gibt's, ganz klar. Fragen: Manfred Dworschak

Foto: Christoph Holzapfel