Streit um Polizeieinsatz in Vietnamesenheim

■ Sieben Raubkopierer festgenommen / AL: Ramboartiges Verhalten der Polizei

Zu massiven Auseinandersetzungen kam es vorgestern abend in einem Marzahner Wohnheim für Vietnamesen, als Polizisten dort Wohnungen nach Raubkopien durchsuchten. Die Darstellungen über die Vorfälle widersprechen sich grundlegend.

„Schon um 10 Uhr morgens begann der Belagerungszustand des Heims“, erklärte gestern Ismail Hakki Kosan, ausländerpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Er kritisierte die „ramboartige Verhaltensweise der Polizei“ und betonte, daß es „andere Möglichkeiten der Verbrechensbekämpfung gibt, als nur mit den Muskeln zu spielen“. Nach seiner Einschätzung muß es „Rechtsextreme geradezu ermutigen“, wenn die Polizei „vor den Augen der Schaulustigen und Rechtsextremen den ,Krieg gegen AusländerInnen‘ spielt“.

Heftige Kritik am Vorgehen der Polizei übten auch SOS Rassismus und Mitarbeiter der Beratungsstelle im Wohnheim: Tamara Henschel berichtete der taz, die Polizei habe die Vietnamesen aus ihren Wohnungen geholt, sie „stundenlang gefesselt in den Durchgängen oder ungefesselt in der prallen Sonne“ sitzen lassen. Nach ihren Angaben waren unter den „Zusammengetriebenen“ auch kleine Kinder und Schwangere. Menschen, die sich gegen diese Behandlung gewehrt hätten, seien verhaftet und in Polizeiautos zusammengeschlagen worden.

Diese Vorwürfe gegen die Polizei wies Manfred Buchholz, Leiter der für Marzahn zuständigen Polizeidirektion 7, gestern entschieden zurück. Gegenüber der taz erklärte er, der Polizeieinsatz habe erst um 18 Uhr begonnen. Nach seinen Angaben hatte zuvor die Zollfahndung einige Wohnungen nach geschmuggelten Zigaretten durchsucht und war dabei auf die illegale Kopierwerkstatt gestoßen. Daraufhin sei die Polizei eingeschaltet worden. Wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht „sind wenige Kollegen, nicht mal ein Dutzend“ Polizisten am späten Nachmittag zum Heim gefahren. Sie seien dort von Vietnamesen aus den Fenstern mit Flaschen und Büchsen beworfen worden: „Ein Fünf-Kilo-Feuerlöscher hat einen Beamten nur um Zentimeter verfehlt und sich in den Boden gerammt.“

Rund 70 Beamte seien dann angerückt, um die Durchsuchungen zu ermöglichen, so Buchholz. Die „Gewerbepolizei wurde fündig“, berichtete Pressesprecher Detlef Militz der taz: „45 betriebsbereite Videorecorder, fünf Mischpulte, 1.100 Raubkopien, 4.200 raubkopierte Musikkassetten, zwei Videokameras, ein PC mit Laserdrucker zum Bedrucken der Etiketten und 120 Originalvideos, von denen die Raubkopien gezogen wurden, sind beschlagnahmt worden.“ Als dafür Verantwortliche wurden sieben Vietnamesen festgenommen. Diesen wird wie drei weiteren Personen „nun auch Körperverletzung und schwerer Landfriedensbruch“ zur Last gelegt, so Buchholz. Christian Arns