Erste Demonstranten brechen nach Sarajevo auf

■ Unsicherheiten unter den Teilnehmern / Kuron und Michnik fliegen in die belagerte Stadt / Polnische Delegation will politische Gespräche führen

Split (taz) – Der Konvoi „Mir sada, Frieden jetzt“, mit dem über 3.000 Demonstranten aus mehreren Ländern Europas von der kroatischen Hafenstadt Split nach Sarajevo gelangen wollen, ist entgegen anderer Meldungen gestern doch in Richtung Bosnien aufgebrochen. Gestern morgen entschied sich das Gros der französischen Demonstranten, die Route Tomislavgrad, Prozor, Gronji Vakuf, Vitez, Kiseljak nach Sarajevo zu nehmen. Einige Kilometer vor der zwischen der kroatischen HVO-Armee und der Bosnischen und Herzegowinischen Armee (BiH) umkämpften Stadt Prozor wollten sie jedoch am Abend haltmachen und die Lage sondieren. Die restlichen Demonstranten, vor allem der italienische und polnische Konvoi, sollen, falls weitergefahren werden kann, dann am heutigen Donnerstag folgen.

„Wir werden auf jeden Fall das Risiko eingehen und über Mostar nach Prozor fahren“, sagte ein italienischer Organisator in dem Camp nahe des Stadions in Split. Die mit der Aussage deutlich gewordene Unsicherheit gegenüber den örtlichen Gegebenheiten stieß nicht nur den Reportern auf. Auch Teilnehmer der Demonstration versuchten, die Organisatoren zu genaueren Angaben zu bewegen.

Offensichtlich ist die Fahrt organisatorisch nicht besonders gut vorbereitet. Zwar haben die Demonstranten – es handelt sich dabei um ein buntes Gemisch aus jungen Pazifisten, aus der christlichen Friedensbewegung hervorgehenden älteren Leuten, auch ganze Familien haben sich angeschlossen – ihre Fahrt mit großem Enthusiasmus begonnen. Die von der französischen Hilfsorganisation „Equi Libre“ initiierte Demonstration will in über 200 Fahrzeugen nicht nur die Menschen, sondern auch Lebensmittel und Medikamente in die belagerte Stadt Sarajevo bringen. Doch schon der Versuch, in Split kroatische Fahrer für einige Busse anzuheuern, zeigt, daß die Organisatoren mit den Gegebenheiten des Krieges nicht allzu umfassend vertraut sind. Denn Kroaten würden sich außerhalb des von kroatischen Milizen kontrollierten Gebietes in große Gefahr begeben.

Jacek Kuron und Adam Michnik von der polnischen Delegation, die mit einem Flugzeug der UNO nach Sarajevo reisen werden, sehen in der Aktion vor allem ein Zeichen der menschlichen Solidarität mit der geschundenen Stadt. Morgen will die polnische Delegation, deren Ankunft durch einen Unfall und den Tod eines Fahrers verzögert worden war, mit politischen Gesprächen beginnen. Dazu wollen die beiden prominenten Polen auch Mostar besuchen. Deutsche sind bei der Demonstration nur spärlich vertreten. Erich Rathfelder