Hü! Beziehungsweise: Hott!

■ Erst die Schüler gefeuert, dann wieder geheuert: Die Musikschule startet mit genervten Lehrkräften in ein schwieriges Schuljahr

Bis vor ein paar Tagen wußte sie noch nicht einmal, wieviele SchülerInnen sie wann würde unterrichten können. An einen Stundenplan wagte sie erst gar nicht zu denken, erzählt eine Lehrkraft der Bremer Musikschule. Sie ist verärgert: „Ich mußte selbst den Eltern hinterher telefonieren, um das alles abzuklären und überhaupt anfangen zu können.“

Die Lehrkräfte und MitarbeiterInnen der Bremer Musikschule (MS) haben eine turbulente Sommerpause hinter sich. Die Kulturbehörde hatte im Mai erst das Schulgeld um 40 Prozent erhöht und dann den 2.450 SchülerInnen des Instrumentalbereichs vorbeugend gekündigt. Das Ziel: eine Neuverteilung der Plätze; weniger Instrumentalunterricht zugunsten der musikalischen Früherziehung und der Grundausbildung. SchülerInnen, Eltern, Lehrkräfte und schließlich auch die Bürgerschaft hatten diese Aktion aufs Heftigste verurteilt. Ein Gutachten sollte ihre Rechtmäßigkeit klären.

Dieses wurde vor etwa fünf Wochen vorgelegt; es hat die Behörde entlastet — die aber hat kurz darauf in einem Brief an die erzürnten Eltern die Kündigungen zurückgenommen. Für den Elternbeiratsvorsitzenden Walter Schuck ist das eher Grund zur Wut denn zur Nachsicht: „Zahlreiche Anwälte standen bereits für Prozesse bereit, und die Klage eines Vaters vor dem Amtsgericht läuft noch. So was Unqualifiziertes darf doch nicht passieren! Wir Eltern sind total im Dunkeln gehalten worden.“

Die Gesamtzahl der SchülerInnen an der Musikschule ist inzwischen weiter zurückgegangen. Wieviele Eltern sowieso ihre Kinder nicht wieder angemeldet hätten, sei nicht genau nachzuvollziehen, sagt Musikschulleiter Heinrich Buhlmann, der hier nicht zitiert werden darf, weil er nach wie vor Redeverbot hat. Für ihn spricht Albert Behrens, der Musikreferent der Kulturbehörde: „Die angestrebte Umstrukturierung ist geschafft, die Lage weitgehend entspannt.“

Da hatten die MitarbeiterInnen der Musikschule schon unzählige Überstunden hinter sich: Alle alten SchülerInnen mußten wieder neu eingeteilt, die Klagen und Einsprüche gegen die Kündigung bearbeitet werden. Viele ausländische Eltern haben den Vorgang nicht verstanden und die Rückmeldung versäumt, sie mußten extra angesprochen werden. Belegschaftssprecher Ralph Bender: „Alles überflüssige Arbeiten. Es war von vornherein klar, daß wir alle Kinder auf der Warteliste für die Früherziehung und Grundausbildung würden aufnehmen können, da sich ohnehin viel weniger als zuvor gemeldet hatten.“

Im Instrumentalbereich, den die Kulturbehörde erklärtermaßen verkleinern will, wird es dagegen langsam eng. Sieben Stellen sollen dieses Jahr eingespart werden, was heißt, daß Lehrkräfte, die Bremen verlassen oder in Rente gehen, nicht ersetzt werden. Seit Jahren herrscht an der Musikschule schon Einstellungsstop. 1982 ist die letzte hauptamtliche Kraft eingestellt worden.

Daran wird sich, wie die Behörde sagt, so schnell nichts ändern. Im Moment kämpft die Musikschule um die dringend benötigte Nachfolge eines Cello- Lehrers. Ralph Bender dazu: „Ein Top-Flop, irgendeinen Bereich ausbauen zu wollen, obwohl wir Schritt für Schritt unser Personal verlieren. Wir brauchen eine Bestandsgarantie, damit sich die Sache langfristig nicht ständig entzündet.“

Im letzten Jahr hatten zwanzig Kinder in der Grundausbildung Mini-Gitarre gelernt — ein bundesweit außergewöhnliches Angebot. Jetzt landeten sie auf der Warteliste. Wie lange sie dort ausharren werden, ist ungewiß. Die meisten verlieren da ihr Interesse und springen ab. Silvia Plahl