Ziegert in der Schlangengrube

■ Wie die DGB-Chefin beim Bremer Heimatsender einmal gründlich gefoppt wurde

War das eine aufregende Woche! Kaum ein Tag verging, an dem nicht ein neuer Kandidat gegen Wedemeier aus dem Hut gezaubert wurde, und mindestens so schnell wieder drin verschwand. Aber es kann einem gar nicht nach Witzen sein. Nicht nur rund ums Rathaus: Vorgestern hat die nach oben offene Durcheinanderskala bei Radio Bremen ausgeschlagen.

Da nämlich hat der Rundfunkrat getagt. Und der ist immer für das Chaos gut: Bei seinem letzten Versuch, einen Vertreter in den Verwaltungsrat unseres Heimatsenders zu wählen, hat er gleich dutzendweise Anlauf genommen. Und jetzt war es wieder soweit. Seit geraumer Zeit ist ein Posten unbesetzt, und zwar der, auf dem Siegfried Schmidt gesessen hat. Der hatte als DGB-Chef im letzten Herbst seine Klamotten gepackt und seitdem war auch sein Sitz vakant. Aber keiner traute sich, zur Nachwahl zu schreiten. So weit ist es schon. Früher sind KandidatInnen auf dem SPD-DGB Ticket auf jeden Bremer Posten geflutscht, dafür gehts denen jetzt schlecht, und zwar extra. Mittlerweile gibts im Rundfunkrat eine „graue Fraktion“, die sich zwar kein einziges Mal abspricht, aber mit Zielgenauigkeit alle KandidatInnen quält, die auch nur im Entferntesten im Geruch der alten Seilschaften stehen. Die Zeiten haben sich eben geändert.

Nur eine weiß das immer noch nicht: Die neue DGB- Chefin Helga Ziegert. Sie läßt gewerkschaftsintern schon keinen Fettnapf aus und hat sich reichlich Feinde gemacht. Ob sie also freiwillig in die Schlangengrube des Rundfunkrates gesprungen ist oder ob da einer geschubst hat, man weiß es nicht. Auf jeden Fall stand sie am Donnerstag zur Wahl in den Radio- Bremen-Verwaltungsrat und da fand sich doch prompt eine Gegenkandidatin: Marianne Strahmann, vorgeschlagen von der CDU-Frauenpolitikerin Roswitha Erlenwein.

34 Rundfunkräte waren da, 20 Stimmen brauchte die KandidatIn. Erster Wahlgang 14:14, sechs Enthaltungen. Da hätte man schon vertagen können. Aber weil's der Rundfunkrat so gewohnt ist, stimmt er gnadenlos weiter. Zweiter Wahlgang: 16 Stimmen für Frau Strahmann, nur noch 13 für Ziegert. Hoffnung auf der einen, Unruhe auf der anderen Seite. Weitermachen! Dritter Wahlgang 17 für Strahmann, nur noch 11 für Ziegert. Entsetzen und Jubel, jetzt bloß nicht nachlassen. Da meldete sich SPD-Mann Lothar Koring aus Bremerhaven und fragte schüchtern an, ob man die Wahl nicht vielleicht doch besser aussetzen solle. Nichts da, wurde ihm entgegengehalten, wie käme er denn darauf, jetzt, wo sich gerade ein Trend abzeichne. Also vierter Wahlgang: Aber plötzlich hatte Ziegert wieder 14 Stimmen. Und da war die Luft raus. Schluß aus, Wahlgang vertagt.

Wie das weitergehen soll — im Großen wie im Kleinen, das weiß auch nicht Rosi Roland