Das Shell-Haus bleibt verdeckt

Seit Jahren streiten sich Denkmalpflege und Bewag um die Renovierung des Shell-Hauses / Trotz Annäherung bleiben viele Details offen  ■ Von Severin Weiland

Wer sich für das Shell-Haus am Reichpietschufer interessiert, nimmt am besten den 129er Bus von Kreuzberg in Richtung Ku'damm. Vom Oberdeck aus läßt sich immerhin ein Blick auf das Unikat der Berliner Stadtlandschaft werfen. Seit rund drei Jahren nämlich wird der untere Teil des Gebäudes durch einen häßlichen Bauzaun verdeckt – zum Schutz der Passanten. Einst war bei Untersuchungen festgestellt worden, daß ein Teil der angemörtelten Travertinplatten abzufallen drohte und auch die Befestigungsanker aus Metall stark angegriffen waren. Auf einen freien Zugang werden Touristen und Interessierte noch länger warten müssen. Trotz Kompromissen in Detailfragen sind die Streitigkeiten zwischen dem Energieversorgungsunternehmen Bewag als Eigentümer und der Denkmalpflege noch lange nicht beigelegt.

Ursprünglich hatte sich die Bewag vorgenommen, die geschwungene Außenfassade des 1931 fertiggestellten Gebäudes mit einem Wärmedämmschutz zu versehen. Dabei sollten die Travertinplatten abgenommen und die Zwischenräume mit Isolierstoffen ausgefüllt werden. Eine Zeitlang war gar Blech als kostensparender Ersatz für das teurere Travertin, einem Kalkgestein, im Gespräch.

Ein Unding, wie die Denkmalpflege schon damals fand. Dadurch wäre, wie ein Mitarbeiter der Behörde sagt, der wegen der „diffizilen Anglegenheit“ namentlich nicht genannt werden will, die Fassade in „unverantwortlicher Art und Weise“ verändert worden. Gerade die engen, maßgeschneiderten Fugen zwischen den Platten, die „ganz exquisit auf das Gesamtbild“ herausgearbeitet worden seien, hätten in der ursprünglichen Form nicht mehr rekonstruiert werden können. Zudem wären die Platten durch die Auffüllung der Zwischenräume um ein paar Zentimeter von der Gebäudemauer abgesetzt worden.

Zwar konnten sich im Sommer letzten Jahres beide Kontrahenten auf einen Kompromiß einigen. Die Bewag rückte von ihren ursprünglichen Überlegungen ab, die Außenfassade des Gebäudes mit einem Wärmedämmschutz zu belegen. Nun soll, wie Bewag-Sprecher Thomas Möller versichert, zwischen den Platten und der Mauer ein schmaler Zwischenraum geschaffen werden. Dadurch werde einerseits die Durchlüftung gewährleistet und andererseits die Korrosionsanfälligkeit der tragenden Anker „eindeutig reduziert“. Von einer Wärmedämmung, wie sie vor geraumer Zeit einmal in den Planungen der Bewag vorgesehen worden war, könne mit dieser Lösung allerdings nicht mehr gesprochen werden. Wie dem Problem in Zukunft abgeholfen werden soll, ist auch beim Energieversorger unklar. Möller: „Eine Wärmedämmung im Innenteil des Gebäudes wird wahrscheinlich wegen der beengten Räumlichkeiten nicht möglich sein.“

Während der Konflikt um die Außenfassade – wie auch der Mitarbeiter der Denkmalpflege bestätigt – weitgehend ausgeräumt ist, schwelt er in der Frage der Fensterrahmen munter weiter. Von den Plänen, die stählernen und zum Teil verrosteten Rahmen durch Kunststoff zu ersetzen, ist die Bewag schon vor langer Zeit abgerückt. Schließlich schlug das Unternehmen vor, rund ein Drittel der Stahlrahmen – nämlich jene zur Hitzigallee hinaus – zu rekonstruieren und den Rest durch ein anderes Metall zu ersetzen. Genau über diesen Punkt aber ist noch kein Konsens erzielt worden. Nach Angaben von Möller ist noch nicht geklärt, ob man die restlichen zwei Drittel der Rahmen nun durch Aluminium ersetzt oder wieder auf Stahl zurückgreift.

An eine baldige Beilegung des Konflikts ist also nicht zu denken. Zwar sieht die Denkmalpflege „Licht im Tunnel“, will sich aber ebenso wie die Bewag auf keinen Zeitrahmen festlegen. Den Vorbescheid der Senatsverwaltung für Umweltschutz und Stadtentwicklung hat die Bewag noch nicht in den Händen. Erst dann kann sie beim Bezirksamt den Antrag für die Baugenehmigung einreichen. Und selbst wenn es soweit wäre, müßte die Bewag die Kosten für die Ausschreibung neu kalkulieren. Einst waren für die Fassadensanierung zwischen 25 und 30 Millionen DM angesetzt worden. Der Bauzaun, so glaubt Möller denn auch, werde eine Zeitlang wohl noch stehen bleiben: „Ich kann zur Stunde wirklich nicht abschätzen, wann wir mit den Arbeiten am Gebäude anfangen können.“